Himmelhochjauchzendzutodebetrübt trifft es wahrscheinlich ganz gut. Aber von Anfang an.

Zu normaler Zeit aufgewacht und aufgestanden, also so Richtung Viertel nach acht. Dank der vorhandenen Gemeinschaftsküche gab’s Müsli und Tee. Der letzte Beutel Kaffee hatte sich versteckt oder verdünnisiert. Dass es an der Rezeption Kaffee für siebzig Cent gab, hab ich leider erst beim Auschecken gecheckt. Da alle Hütten mit einer Flagge gekennzeichnet waren – ich glaube die der Ostseeanrainerstaaten – fragte ich mich, wo denn die deutsche Flagge zu finden wäre. Klärte sich dann beim Herausfahren – das Bettwäschelager war damit gekennzeichnet.

Zurück auf die Straße! Anfänglich gab es noch einen Fahrradweg neben der viel befahrenen A1 bzw. E67. Der hörte jedoch leider bald auf, aber nach ganz kurzer Dauer führte der Weg wieder in den Wald. Was gestern am Anfang noch ganz spaßig war, machte mich heute einfach nur wütend. Der Weg war teilweise so lockerer Sand, dass der Vergleich zum Strand sicher nicht hinkt.

Mit E-Unterstüzung ging es irgendwie, aber auch nicht gut. Europa-Fahrradradweg. Nee, is’klar. Es ist nicht nur ungemütlich darauf zu fahren, sondern auch echt anstrengend. Man rutscht ständig irgendwie zur Seite weg, hält den Fuß raus, damit man nicht umkippt, versucht aber auch, keine Geschwindigkeit zu verlieren, denn das Anfahren ist nochmal schlimmer, besonders wenn sich der Reifen erstmal festgefressen hat. Einmal ging’s nicht mehr und dann lag ich lang. Wer sein Fahrrad liebt, der liegt.

Drei Kilometer vor dem Ende zog ich die Reißleine. Das geht so nicht. Über einen Seitenweg zurück auf die A1, was allerdings auch echt nicht lustig ist. Kein Randstreifen und die LKWs sind durchaus dicht dran. Und halt nicht nur mal einer. Die kommen gegurtet!

Nee, das fühlt sich immer noch nicht gut an. Nächster Vorschlag der Karte wieder rechts ab, liest sich aber ganze gut. Befahrbarer Küstenabschnitt. Da gab’s endlich mal wieder das Meer zu sehen.

Befahrbarkeit hinreichend. Dann kam ein Campingplatz, der fast so wie die RMK Plätze in Estland wirkte. Nur hier sollte das dann Geld kosten. Nach diesem Platz wurde der Weg zur Hölle. Auch so mit einem Kettenfahrzeug wie in Estland festgefahren, nur dass hier die Vertiefungen deutlich ausgeprägter waren. Nach ca. drei Kilometern über diese Mondlandschaft gab ich auf. Mein Gepäck war nahezu komplett von Rad gesprungen. Ich verzurrte alles erneut und schob den Flying Otter die nächsten zwei Kilometer zurück zur A1. Und so knapp sechzig Kilo über diese Schotterpiste zu schieben ist nicht einfach Fahrradschieben. Das ist richtig Arbeit. War mir egal jetzt. Was auch immer die Karte sagt, wenn die Linie gestrichelt ist (das Zeichen für nicht asphaltiert), fahre ich auf der A1. Denn hinzukam ja noch die Wettervorhersage. Ab 16.00 Uhr sollte es regnen. Ich hatte also nicht beliebig viel Zeit. Ab jetzt bis zum Ziel mit E-Unterstüzung. Volles Rohr.

Zwischenzeitlich kam ich an der Kirche vorbei, wo sich Baron Münchhausen hat trauen lassen. Etwas später kam dann auch noch ein Museum zu ihm. Leider keine Zeit!

Neben dem Museum gab’s einen Imbiss, aber ich dachte mir nein, das wird zeitlich zu knapp, heute willst Du mal trocken ankommen. Hat dann auch funktioniert. Die letzten 35 km – nahezu komplett auf der A1! – in deutlich unter zwei Stunden gefahren, kam ich so an der Unterkunft an, dass es zum ersten Mal richtig heftig donnerte genau in dem Moment, wo ich mein Fahrrad gerade an die Hauswand lehnte. Eingecheckt, alles in die Bude getragen und dann fing es dann zu regnen. Perfektes Timing! Hat sich das Reintreten gelohnt!

Erstmal kurz entspannen, dann duschen und los, irgendwo was essen. Wiederum leichter gesagt als getan. Fußläufig gibt es hier wenig bis gar nichts. Einen Laden, der scheinbar Pizza verkauft, konnte ich identifizieren. In den Rezensionen stand drin, dass es die Karte nur in Landessprache gibt. Zum Glück gab’s die online. So fing ich an, die Zutaten von drei, vier Pizzen mit dem Google-Translator zu übersetzen, damit ich eine ungefähre Vorstellung hätte, was ich denn da bestellen würde und wackelte los. Die erste Husche war zum Glück vorüber und es sollte ein Fenster von anderthalb Stunden geben, wo es nur nieseln sollte. Unweit des Ladens mit den Pizzen sollte es am Strand noch ein Hotel geben, was auch Restaurant ist. Naja, gucken kost nix! Ich lief also an dem Pizza-Laden vorbei und ging noch die dreihundert Meter weiter. Das Hotel sah zu aus, aber ich konnte noch ein Bild an der lauten Ostsee machen.

Nun denn, zurück. Her mit der Mafia-Torte! Aber daraus sollte nichts werden. Denn der Laden schließt um 19.00 Uhr. Damit hatte ich nicht gerechnet. Absolut nicht. Mir ist schon klar, dass es auf einem Montag durchaus schwierig sein kann, ein Restaurant zu finden. Aber mit der nun verschlossenen Tür konnte ich alle Hoffnungen auf eine warme Mahlzeit begraben. Also ging’s zu Fuß zum Supermarkt, da gab es in der „Backwaren-Abteilung“ eine kleine kalte Pizza. Besser als nix. Plastiknudeln waren auch keine Option, denn den Gaskocher wollte ich in der Bude nicht benutzen und draußen goss es mittlerweile ordentlich. Dazu gab gab es dann noch ein paar trockene Salami-Sticks und die restlichen Cracker mit dem übrig gebliebenen Käse von gestern.

Der Tag war anstrengend – anstrengend für den Körper auf dem Sand und Schotter und anstrengend für den Kopf auf der A1. Riesengroß die Freude rechtzeitig anzukommen und genauso groß die Enttäuschung, dann doch nichts „Richtiges“ zu essen zu bekommen. Egal. Morgen geht’s nach Riga. Heute 72 km, morgen 50 km oder so. Da sollte ich genug Zeit haben, um in der Stadt jeden Fresstempel anzulaufen. Da glaub man dran!

Gesamtstrecke: 68871 m
Gesamtanstieg: 204 m
Gesamtzeit: 05:54:25
Download file: Track_2019-09-02.gpx

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