Der letzte Radeltag brach an. Heute sollte es über für Rhön gehen, das Ziel war ein Ort, wo es auch einen Bahnhof geben würde. Keine Selbstverständlichkeit. Das Kartenmaterial hatte als Ziel Fladungen ausgegeben, der Zug dort wäre aber nicht hilfreich für uns. So entschieden wir, dass wir noch ein Stück weiter fahren würden nach Bad Neustadt an der Saale. Ungefähr 60 km im Ganzen, allerdings auch einige Höhenmeter. In der Nacht hatte es geregnet und es war etwas kühler als am Tag zuvor, allerdings schien die Sonne auch schon wieder kräftig als wir los sind.
Zunächst weiter auf dem Werratal-Radweg, dann auf dem Ulstertal-Radweg und zum Abschluss ein Mix aus Rhön-Radweg und Navigationsapp.
Dann kam der Moment, an dem wir das Grüne Band/den Iron Curtain Trail verlassen mussten. Die Route hätte weiter ostwärts an der ehemaligen Grenze entlang geführt, aber wir mussten weiter Richtung Süden.
Und dann ging’s hoch. Immer weiter und immer höher bis auf über 800 m, teils auf fiesem Schotter. Der Otter kommt damit ganz gut zurecht, da er ganz schön „dicke Puschen“ drauf hat, für Steffis Bike durchaus eine Herausforderung, speziell mit Gepäck.
Oben angekommen haben wir erst dann realisiert, des ma scho wieda dahoam san in Bayern. (Ok, genaugenommen Franken, bevor wieder jemand meckert.) Das siebte Bundesland unserer Reise.
Vor der Abfahrt hinunter ins Tal gab’s erst noch einen Ratsch mit einem von der Straßenmeisterei, der an der Kreuzung gerade hielt. Nach dem Plausch ging’s runter. Fast 25 km nur bergab. Der Wahnsinn. Mit bis zu knapp sechzig Sachen durchaus buchstäblich. Aber Spaß gemacht hat’s allemal.
Die letzten Kilometer liefen dann absolut entspannt, da der Radweg auf einer ehemaligen Bahntrasse gebaut wurde. So gab es nur minimale Steigungen und das auch auf allerfeinstem Asphalt. Lief dann wie geschmiert.
Am Hotel angekommen gab es wieder das schon bekannte Spiel mit der verschlossenen Tür und der Telefonnummer. Die Stimme am Telefon navigierte mich dann durch das Hotel bis zu unserem Zimmer. Und das war auch notwendig bei dem Labyrinth. Und auch nicht überraschend lag das Zimmer maximal entfernt zum Eingang, macht ja sonst keinen Spaß mit dem Gepäck.
Das Zimmer hatte ein Westfenster, wo die Sonne hervorragend hinein schien. Das Zimmer war brüllend warm. Klimaanlage? Fehlanzeige. (Es sollten später bei Rückkehr auch noch gut 30°C im Zimmer sein.)
Nach dem Restaurieren ging es in die Stadt, um ein Restaurant zu finden. War wiederum nicht ganz leicht, aber am Ende saßen wir beim Italiener und konnten stolz auf unsere 876 km in 12 Tagen, also durchschnittlich 73 km am Tag, anstoßen.
Das Fazit und den Nachklapp zur Rückreise gibt’s dann später. Vielleicht ja diesmal nicht erst in fünf Jahren.
Gesamtstrecke: 63327 m Gesamtanstieg: 679 m Gesamtzeit: 06:43:50
Mit nun zwei Tagen Verspätung dann der Bericht zum vorgestrigen Tage.
Wir starteten in Creuzburg auf dem Campingplatz und dann ging es wieder weiter auf dem Werratal-Radweg, der dann die eine oder andere Überraschung parat hatte:
Äußerst beeindruckend waren auch die Brücke der A4 über die Werra bei Hörschel, unter der wir kurz zuvor unter durch gefahren sind. Da kommt dann die Höhe nochmal ganz anders zur Geltung.
Hörschel ist auch der Beginn des Rennsteigs, des wahrscheinlich bekanntesten Wanderwegs Deutschlands. Wanderer haben wir aber tatsächlich keinen gesehen.
Später kamen wir dann noch am Werra Grenzpark vorbei, eine der vielen frei zugänglichen Ausstellungen auf dem Grünen Band/Iron Curtain Trail. Diese ist erwähnenswert, weil sie in Herleshausen steht, dem damaligen Grenzübergang, wo die freigekauften Häftlinge ihren Weg in die BRD nahmen. Es war quasi eine Haftanstalt, die ein Tor direkt auf der Grenze hatte. Sinnbildlich auf jeden Fall.
Ein Exponat ist eine Videoinstallation, bei der man sich verschiedene kurze Sequenzen aus 1989 anschauen kann. Beispielsweise eine, wo Menschen, die zum ersten Mal nach Westdeutschland fahren, in ihren Trabbis und Wartburgs interviewt werden. Ist auch nach 35 Jahren noch ziemlich ergreifend.
Es wurde immer heißer und um so mehr wussten wir die Abschnitte zu schätzen, wo es mal durch eine Allee ging:
Im Anschluss haben wir dann den Monte Kali (zumindest gefühlt) umrundet. Wir haben ihn auf jeden Fall von nicht nur einer Seite gesehen. Diese Salzhalde des Kalibergbaus kommt auf eine Höhe von über 500 m über NHN.
Es gab noch weitere „tierische Begegnungen“, diesmal weniger erfreulich. Als wir durch Grüsselbach fuhren, versuchte eine Schwalbe durch mein Vorderrad zu fliegen. Das konnte nicht gut ausgehen. Sie lebte noch, war aber zumindest sichtlich benommen. Steffi hat sie an den Straßenrand ins Gras gesetzt. Ich hoffe, dass sie wieder fliegen kann.
Es folgte der lange und beschwerliche Aufstieg zum Point Alpha. Und das bei 33°C. Nicht witzig. Aber lohnenswert. Zum einen ist der Blick phänomenal und zum anderen ist es auch einer der bekanntesten Punkte der ehemaligen Grenze. Leider waren wir schon recht spät, so dass nur noch eine halbe Stunde geblieben wäre, um das ehemalige Camp der Amerikaner zu besuchen. In der Folge schauen wir uns nur die Außenanlagen an. Auch hier ist ein Stück der ehemaligen Grenze erhalten wie auch die beiden Wachtürme, wo sich die Soldaten quasi gegenseitig permanent in die Augen schauten.
Direkt daran anschließend fuhren wir den „Weg der Hoffnung“, eine weitere Kunstinstallation entlang des alten Kolonnenwegs, angelehnt an den Kreuzweg.
Dann ging es rasant hinunter ins Tal nach Geisa – und in Geisa selber dann erstmal wieder sauber bergauf – wo wir im alten Schloss (Schlösser sind nun mal oben auf den Hügel gebaut) übernachteten. Also nachdem wir die Nummer an der verschlossenen Tür anriefen und eine Viertelstunde gewartet hatten. Hotels mit Personal vor Ort sind mittlerweile scheinbar eher die Ausnahme.. Er schilderte uns dann auch die Herausforderung, was das Essen anginge. Es hatte eigentlich alles zu. Betriebsferien, Ruhetag… was es halt alles so gibt. Glück hatten wir dann noch bei einer anderen Pension, dort sollten wir noch was bekommen. Aber dann jetzt gleich. Die Chefin am Telefon hatte durchaus Haare auf den Zähnen… Pfft. Gerade angekommen und noch nicht geduscht, großartig. Okay, dann extremes Speed-Duschen und los, wieder runter vom Schlosshügel.
Hat sich dann aber gelohnt, das Essen war wiederum ganz köstlich. Steffi hatte Wildschwein-Gulasch mit Nudeln und ich Ochsenbäckchen.
Zum Tagesabschluss saßen wir dann noch nett draußen vor dem Schloss.
Gesamtstrecke: 77661 m Gesamtanstieg: 499 m Gesamtzeit: 07:28:30
Nach einer sternenklaren Nacht hieß es heute morgen wieder zusammenpacken, es war alles richtig gut nass, obwohl es kein bisschen geregnet hatte. In der Folge dauerte es… zwei Stunden. Wie immer halt.
Nach dem Start fuhren wir als erstes zum lokalen Fahrradverleih, um den Reifendruck mal zu checken. Fuhr sich gleich etwas entspannter danach. Weiter zum Rewe, Frühstück, Batterien, Mückenkerze und dann endlich richtig los.
Als erstes ging es durch Bad Sooden – Allendorf. Klasse Markplatz, überhaupt ist die Gegend ganz großartig. Überall Fachwerkhäuser.
Und dann ging es den Werratal-Radweg immer weiter. Der ist richtig gut ausgebaut und auch gut ausgeschildert, besonders die Hessen kommen hier steil aus der Sonne. Wirklich vorbildlich, da gibt’s keine zwei Meinungen, wo es längs geht. So war der Blick auf das GPS heute quasi nicht notwendig.
Dann kamen wir nach Eschwege und hier war gerade das Open Flair Festival zu Ende gegangen, was sich am Blick in die Reste von Camping Gelände gut sehen ließ.
In Treffurt mussten wir uns entscheiden, wie wir den Weg weiter fahren wollen. Das Buch hatte eine Hauptroute und eine Nebenstrecke zur Auswahl. Die Nebenstrecke war etwas länger, aber dafür der Werratal-Radweg. Der war bisher so gut, dass wir uns dafür entschieden. War bestimmt die richtige Wahl.
Denn sonst hätten wir den Hofladen mit dem vorzüglichen Eis verpasst. Und dann wäre bei der Hitze doppelt ärgerlich gewesen. Dann ging es immer weiter bis zum Campingplatz.
Aufgebaut, geduscht und ab zum Essen. Das war es schon wieder für heute. Morgen müssen wir uns Gedanken machen wie wir weiter fahren wollen. Am Ende muss da ein Bahnhof sein.
Gesamtstrecke: 74379 m Gesamtanstieg: 482 m Gesamtzeit: 14:16:06
Thüringen, Hessen… über 600 km schon. Die Tage fliegen mittlerweile nur so dahin.
Heute gab’s mal Hotelfrühstück und nicht nur eine belegte Semmel vom Bäcker. Das zuvor angepriesene Rührei war tatsächlich eins der besten, die ich je gegessen habe. Chapeau!
Gepackt war schnell, am Ende dauert es aber immer gleich lang. Vom Aufwachen bis zum Losfahren sind es halt zwei Stunden, kannste nix machen. Da Duderstadt ohnehin schon abseits des ICT liegt, sind wir dann auf direktem Wege nach Süden zurück auf den Weg. Der Tag sollte wiederum einige Anstiege für uns parat haben, aber nicht nur einen großen, sondern mehrere mittlere. Am Ende werden wir feststellen, dass es der Tag mit den meisten Höhenmetern und trotzdem einer ordentlichen Strecke gewesen sein wird.
Hier ein paar Impressionen von heutigen Tage:
Kurz nachdem wir gerade Hessen erreicht hatten, fiel uns an Straßenrand gerade noch rechtzeitig das Schild mit dem Pfeil zum Eis auf. Großartig! Direkt angehalten und aus der privaten Eistruhe (Kasse auf Vertrauensbasis – cool) bedient. Die Szenerie in Anschluss war schon irgendwie schräg. Ein wirklich kleines Dorf in Hessen, zwei Menschen sitzen auf einer Parkbank und essen ein Eis. Im Hintergrund Saxophongedudel. Ein Hahn kräht.
Von da an war es einfach nur noch schön zu fahren. Keine Anstiege mehr, etwas später kam noch ein kleiner Biergarten, wo es dann schnell noch mal Zuckerwasser gab, und dann fuhren wir ganz entspannt die Werra entlang bis zum Campingplatz. Der dann wiederum gerade eben wieder in Thüringen liegt.
Gesamtstrecke: 57335 m Gesamtanstieg: 667 m Gesamtzeit: 06:28:00
Nacktschnecken. Ohne Ende Nacktschnecken. Es war alles andere als angenehm. Am Morgen waren es zum Glück etwas weniger, die wir von den Taschen und vom Zelt absammeln mussten. Beim Packen kam dann auch die Sonne raus, so dass wir das Zelt sogar trocken zusammenpacken konnten.
Frühstück war in Walkenried nicht mehr zu bekommen, es war Schützenfest und Einschulung. Na gut, dann weiter nach Bad Sachsa, das waren nur sechs Kilometer, das geht auch ohne Frühstück. Kaum um für Ecke gebogen, mussten wir auch schon wieder anhalten. Ein Garten war zu einer Schmalspur-Eisenbahnanlage ausgebaut worden:
Nun aber wirklich los. Und dann war der Weg gesperrt. Es gab aber eine Umleitung, sogar mit einem eigenen Umleitungsschild für Fahrräder.
In Bad Sachsa angekommen fuhren wir zum Bäcker, wo es dann endlich was zu beißen gab. Obwohl, zu beißen gab es vorher auch schon genug – die Berge vom Vortag steckten uns noch gut in den Knochen. Da der nächste Campingplatz eine Mammut-Tour bedeutet hätte, beschlossen wir kurzerhand, heute nicht so weit zu fahren, „nur“ nach Duderstadt. Das wären zwar lediglich 40 km, aber auch noch mit genügend Anstiegen verbunden.
Es waren tatsächlich wieder ein paar knackige Anstiege dabei und so war es sicher die richtige Entscheidung.
In Duderstadt eine Unterkunft zu finden gestaltete sich überraschend einfach. Die erste Pension hatte zu, aber nur ein Stück weiter hatte ein Hotel/Restaurant gerade die Tür offen, obwohl der Betrieb erst in ein paar Stunden losgehen sollte. Sie hatten noch ein Zimmer frei, top!
Duschen und dann ein bisschen durch die Stadt spazieren, so ganz normaler Touri-Kram – kann man auch mal machen!
Dann ging’s noch zum Italiener und zum Abschluss noch in einen Pub. Und mehr gibt’s auch nicht zu erzählen von dem Tag.
Gesamtstrecke: 40114 m Gesamtanstieg: 395 m Gesamtzeit: 05:05:17
Startpunkt war Ilsenburg, vor uns lag der Harz-Tag. Es sollte direkt mit einem knackigen Anstieg losgehen, mehr als alles, was wir vorher hatten oder auch in den nächsten Tagen haben werden. Nach einem kurzen Frühstück in einer Bäckerei fuhren wir über den Marktplatz dann auch ohne Umwege den Berg hoch. Anfänglich sah es noch verhältnismäßig entspannt aus und wir waren beide der Meinung, wenn es so bliebe, dann wäre das okay, machbar.
Eine Bushaltestelle zu sehen, motiviert nicht unbedingt, sondern man fragt sich eher, ob man eigentlich gerade alles richtig macht oder komplett einen am Zeiger hat. Kaum war es ausgesprochen, dass das so okay wäre, kam natürlich die Quittung. Links abgebogen und dann ging der eigentliche Anstieg los. Was soll ich sagen? Wer sein Fahrrad liebt, der schiebt. Ohne Gepäck wäre das vielleicht noch irgendwie gegangen, aber mit? Keine Chance. Auch meine Theorie, dass im Wald der Wind nicht so heftig wäre, wurde kurzerhand pulverisiert.
Oben in Plessenburg angekommen, trafen wir die beiden Schwaben wieder, denen wir auf der Tour schon zweimal vorher begegnet waren, wie nett. Aller guten Dinge sind drei. Im Anschluss nutzen wir die Gelegenheit, um in dem Gasthaus die Kohlehydratespeicher mittels Zuckerwasser aufzufüllen.
Weiter ging’s relativ eben und mit einem guten Blick in die norddeutsche Tiefebene. Also eigentlich gut. Es war leider recht diesig. Das war einerseits schade, aber andererseits war es auch nicht so heiß. Hätte die Sonne so geknallt wie an dem einen oder anderen Tag zuvor, dann hätte uns das vor größere Herausforderungen gestellt.
Womit ich ebenfalls nicht gerechnet habe ist, wie sehr der Wald da oben kaputt ist. Da waren reichlich Nadelhölzer, die allesamt tot waren.
Dann kamen wir irgendwann bei Drei Annen Höhne am Bahnhof an. Von dort aus hätte man mit der Dampflok auf den Brocken fahren können. Leider war gerade keine da für ein Foto. Und die Zeit zu warten, war uns nicht gegeben.
Danach ging es endlich mal ein bisschen bergab und wir kamen durch die kleinen Ortschaften Elend und Sorge. Ein Zeichen?
In der Zwischenzeit hatte ich dann doch noch das Glück, die Dampflok zu sehen:
Von Hohengeiß an ging es dann quasi nur noch bergab, das war durchaus abenteuerlich. Landstraße, Autos überholen einen mit über 100 Sachen und man selber saust den Berg mit knapp 50 Stundenkilometern wie im Freiflug hinab. Augen zu und durch.
Dann kamen wir nach Zorge und hier konnte man sehen, wie die Zeit stehengeblieben ist. Früher war das bestimmt mal ein schöner Urlaubsort, aber jetzt ist davon nicht mehr viel übrig. Viele Häuser, die echt runtergekommen sind, viele stehen wahrscheinlich auch leer. Menschen sieht man auch kaum. Auf beiden Seiten der ehemalige Grenze ist hier in der Gegend wenig passiert. Das macht nachdenklich.
Dass aus einem Haus volles Rohr Modern Talking schallte, komplettierte dann Bild nur.
Weiter den Berg hinab entdeckten wir ein Werbeplakat für Whisky aus dem Harz. Okay… spannend. Noch viel spannender war, dass die Destille gleich neben dem Schild war. Zwanzig Minuten hatten die noch geöffnet. Was soll man machen? Rein da! Ein ganz kurzes Tasting, mitnehmen konnten wir quasi nix, das hätte unser Gepäck nicht zugelassen. Aber wieder ein Beispiel dafür, was einem nicht so alles unverhofft passiert auf so einer Tour.
Von da aus waren es dann keine sieben Kilometer mehr und wir erreichen unseren Campingplatz für heute. Im Regen.
Gesamtstrecke: 49365 m Gesamtanstieg: 764 m Gesamtzeit: 07:54:53
Die A2 direkt neben dem Campingplatz. Nun ja. Geht morgens besser, aber dafür hatten wir gestern auch dieses Waldschwimmbad mit Live-Musik. Irgend ist immer. Ying Yang und so.
Da Steffis Mantel angerissen war und ihr Ersatzschlauch nun auch in Verwendung war, war klar, dass wir zum Fahrradhöker mussten. Glücklicherweise gab es drei davon in Helmstedt. Der erste hätte sich auf E-Bikes spezialisiert und somit nicht so etwas schmales vorrätig. Er verwies uns an den Mitbewerber schräg gegenüber. Der hatte Betriebsferien. Okay, weiter zum nächsten. Der hatte heute geschlossen wegen Fortbildung. Läuft bei uns. Dann halt zum Baumarkt. Dort haben wir zwei neue Schläuche bekommen, aber das Mantelthema war noch nicht erledigt. Es half nix, musste erstmal so gehen. Beim Baumarkt sprach uns ein älterer Herr an, als wir gerade dabei waren, die Route zu fixieren. Da wir schon ziemlich viel Zeit verloren hatten, nahmen wir seine Ortskenntnis gerne entgegen und fuhren dann (fast) seinem Vorschlag folgende direkt nach Schöningen. So haben wir ein bisschen Zeit gut gemacht. Dort sollte es auch noch einen Fahrradhändler geben, den wir dann zum Glück auch zehn Minuten vor seiner Mittagspause erreichten. Er hatte noch andere (echt redselige) Kundschaft, aber hat den Mantel dann trotzdem noch in seiner Mittagspause gewechselt. Sehr nett. (Auch wenn ich nicht nachvollziehen kann, wie man so einen Laden betreiben kann, ohne auch nur irgendeine Karte als Zahlungsmittel zu akzeptieren.) Er riet uns dann noch bis Ilsenburg zu fahren, 55 km, das wäre doch genau richtig. Mmmh, war jetzt auch schon halb zwei. Na gut, schnell noch ein Hotel gebucht und los.
Ach hier hatte Uderzo seine Inspiration zu dem Asterix -Band her…
Gegend und nichts als Gegend… der Tag wurde immer zäher.
Das angeleuchtete Sonnenblumen-Feld war dann schon mein persönliches Tageshighlight, denke ich.
Dann wurde es optisch etwas interessanter, da die Ortschaften immer mehr vom Fachwerk geprägt waren, da gab es dann unzählige schöne Häuser zu begutachten.
In der Ferne war schon der Brocken zu erkennen, ab jetzt war das Flachland wirklich vorbei.
Der letzte Anstieg nach Ilsenburg hatte es dann noch mal echt in sich, und um kurz nach sieben kamen wir dann beim Hotel an. Für 55 km waren dann doch eher 65 km. Schnell noch ein paar Sachen im Waschbecken gewaschen und dann schauen, ob wir noch irgendwo was zum essen bekommen. Es fand sich ein Asiate, bei dem die Küche um neun noch offen war. Und es war reichhaltig und richtig gut. Versöhnlicher Tagesabschluss.
Ansonsten war das einfach ein gebrauchter Tag. Hoffentlich wird’s morgen spannender. Aber davon gehe ich aus. Wir sind im Harz.
Gesamtstrecke: 86682 m Gesamtanstieg: 496 m Gesamtzeit: 09:31:09
Ich hab schon viel erlebt in Hotels, war sicher die eine oder andere Anekdote dabei. Aber um kurz nach acht von einem Laubbläser geweckt zu werden war dann doch neu. Naja, kommt man wenigstens zeitig los.
Zunächst gab es wieder ausreichend viel Gegend, wenig überraschend. Wir fuhren über viele kleinere Dörfer und kreuzten die ehemalige Grenze dabei mehrfach. Immer noch beeindruckend, wie unterschiedlich die Daten sind, an denen der jeweilige Grenzübergang damals geöffnet wurde.
Äußerst abwechslungsreich waren heute auch die Untergründe, es gibt hier nicht nur Gegend, sondern auch noch echt viel Kopfsteinpflaster. Manchmal hatten wir Glück und es gab daneben einen frischen Radweg.
Nach einer Weile kamen wir wieder zu einem Wachturm, neben dem dann auch wieder etwas Mauer bzw. Grenzzaun erhalten wurde als Grenzlehrpfad. Dort trafen wir dann zwei Niederländer, die auch das Grüne Band radeln. Nach einem kurzen Ratsch sind wir weiter, die beiden haben uns dann auch schnell abgehängt. Zuvor haben wir aber noch die Gelegenheit genutzt, mal ein Foto von uns zu zweit schießen zu lassen.
Als nächstes passierten wir dann den Mittellandkanal, auch hier die Brücke noch mit Kopfsteinpflaster.
Und dann kam es, wie es irgendwann kommen musste. Der erste platte Reifen. Musste natürlich passieren, wenn man die Regenvorhersage nicht auf seiner Seite hat, nun würde es wohl eine Punktlandung. Also ankommen und es fängt an zu regnen, so die Vorhersage. Aber alles abwarten, das Regenradar ist zwar echt gut, aber es hat sich schon oft kurz vor knapp geändert.
Der Schlauch war schnell gewechselt und dann ging es weiter Richtung Campingplatz. Das anstrengende Stück der Strecke sollte aber dann erst noch kommen. Da der Campingplatz etwas abseits vom ICT liegt, haben wir dann letzten acht Kilometer oder so schnell durch Google umplanen lassen. War vielleicht die zweitbeste Idee, das mit den Höhenmetern ist dem großen G eher egal, denke ich. Aber so haben wir dann den ersten Gipfel genommen.
Angekommen beim Campingplatz dachten wir, dass es jetzt jeden Moment anfangen mussten zu regnen. Tat es aber nicht. Fair. Unweit der Campingplatzes befindet sich ein Waldbad, das hörte sich nach der perfekten Abkühlung an! Schnell die Sachen gepackt und hin da. Einmal rein ins Becken, herrlich! Die positive Überraschung war dann noch, das ausgerechnet immer mittwochs dort Live-Musik gespielt wird. Großartig! So haben wir dann Abendessen ein bisschen verschoben bzw. es gab dann vor Ort eine Krakauer als Vorspeise und haben dann noch fast bis halb neun der Band gelauscht.
Geregnet hatte es immer noch nicht.
Gesamtstrecke: 83598 m Gesamtanstieg: 357 m Gesamtzeit: 08:30:58
Der Tag war heute von Gegend geprägt, ganz viel Gegend. Abwechslungsreich war dabei höchstens, ob man Mais, Sonnenblumen oder irgendeine andere Feldfrucht gesehen hat. So viel vorweg.
Gestartet sind wir um zehn rum, alles einzupacken dauert halt immer noch seine Zeit, auch wenn die Routine weiter wächst. Erstes Ziel war wieder der Konsum, bei dem wir für gestern Abend eingekauft hatten, um dort ein paar belegte Brötchen zum Frühstück zu kaufen. Gesagt, getan und dann ging es los. Der Arendsee ist ganz schön, wenn man dann mal ans Ufer kommt. Viel ist nicht zugänglich, da das meiste Privatgrund oder öffentliches Schwimmba istd. Ein, zwei Stellen gab’s aber zum Glück.
Und dann ging es los mit der Gegend. Zwischendurch gab es zum Glück noch ein, zwei Sehenswürdigkeiten wie die eine oder andere uralte Kirche, dann die zum Grünen Band logischerweise dazugehörenden alten Wachtürmen und durchaus viele alte Häuser und Gehöfte. Tatsächlich interessant war aber, dass bei den verschiedenen Grenzübergängen, die wir nun schon passiert hatten, immer eine Tafel aufgestellt war, wann am dem spezifischen Übergang die Mauer denn nun tatsächlich gefallen ist, also wann genau da die Grenze offen war.
Zwischenzeitliches Highlight war dann die Büchse Zuckerwasser, die wir zum Glück bei einem Dönermann erhaschen konnten, weil Supermarkt oder Tanke gab es weit uns breit nicht.
Dann fuhren wir einen alten Kolonnenweg und ich fühlte mich sehr an die Wellblechpisten aus dem Baltikum erinnert. Ordentlich durchgeschüttelt kamen wir so zu einem weiteren Wachturm, der mittlerweile als Partylocation genutzt wird. Man beachte die Discokugel…
Eine Unterkunft zu finden war schon wieder schwierig, die anderen Randreisenden auf dem Campingplatz meinten schon, dass die nächsten 80 Kilometer kein Campingplatz mehr vorhanden wäre. Der wäre für uns dann sogar nur mit zehn Kilometer Umweg zu erreichen gewesen. An der letzten Kreuzung, an der wir uns dann nun wirklich entscheiden mussten, wo wir die Nacht verbringen wollen, könnten wir zum Glück noch per Telefon ein Zimmer in Wittingen ergattern.
Kurz bevor wir dort ankamen, hielten wir noch an einem Feld, wo gerade die was-auch-immer gegossen wurden. Das gab einen herrlichen Regenbogen auf Augenhöhe. Und da der Sprenger bis auf die Straße schoss, konnte ich mir die Dusche nicht entgehen lassen. Herrlich so eine Erfrischung! Allerdings kann so ein Ding auch echt mehr als der Rasensprenger daheim. Der eine Schuss, der mich erwischte, war ungefähr so, als wenn jemand einen 10 Liter Eimer über mich ausgekippt hätte. Egal, es war großartig!
Und dann war es dann auch schon für heute. Jetzt haben wir im Hotel ganz vorzüglich gegessen und lassen den Abend ausklingen. Bis morgen!
Gesamtstrecke: 89380 m Gesamtanstieg: 345 m Gesamtzeit: 07:59:02
Heute sind wir eine gute Stunde früher losgekommen, denn ohne Marching Band und ohne nasses Zelt lebt es sich viel einfacher. Am Ende der Straße fand dich auch direkt ein Bäcker, wo wir uns ein paar Brötchen zum Frühstück holen konnten – wir waren nicht die einzigen Radler dort – welche es dann auf der Fähre zum nördlichen Elbufer für uns gab.
Nach wenigen Kilometern sahen wir dann auch unseren Campingplatz von der anderen Seite aus:
Dann ging es immer weiter auf dem Deich entlang durch die wunderschönen Elbauen, vorbei an verschiedenen Wachtürmen aber auch diversen Storchennestern. Besonders bemerkenswert finde ich auch die Masse an Apfel- und Birnenbäumen, die alle sehr reich trugen und oft auch kurz davor waren, dass man sie ernten konnte.
Ebenfalls interessant war der Stopp an der Gedenkstätte zur Dorfrepublik Rüterberg, die am 8. November 1989 ausgerufen wurde.
Irgendwann wechselten wir dann wiederum das Ufer und radelten auf der Südseite weiter. Was sich feststellen lässt ist, dass die Logistik tatsächlich eine größere Herausforderung ist im Vergleich zur ersten Tour auf dem ICT durch das Baltikum und Polen. Dort hatte ich eigentlich nie das Problem, dass es auch im noch so kleinen Örtchen keinen Supermarkt oder einen Tante Emma Laden gegeben hat. Hier gestaltet sich das bisher deutlich schwieriger, auch wenn hier und da die Anwohner kreativ werden und beispielsweise am Wegesrand eine Kühlruhe aufstellen mit Getränken und einer Kasse auf Vertrauensbasis. So fanden wir dann auch ein kleines Garagencafé, wo es endlich etwas Zuckerwasser gab. Und ein Eis.
Danach ging es weiter durch reichlich Gegend und irgendwann kam dann auch die Bergetappe des heutigen Tages. Die Steigung war gar nicht so schlimm, aber der Untergrund dabei (Schotter) war unnötig. Oben angekommen wurden wir mit einem Aussichtsturm belohnt. Allerdings wollte der auch erstmal erklommen werden.
Direkt daneben fand sich dann ein kleines, etwas schrulliges Café, schnell nochmal Kohlehydrate zuführen. Und einen Campingplatz anrufen für heute Abend.
Dann ging es den Berg hinab. Unten angekommen hatten wir den Glücksmoment des Tages. Wir mussten noch recht weit bis zum Campingplatz und überlegten gerade an einer Kreuzung, ob wir vielleicht von der Karte abweichen sollten. Diese sah vor wieder zurück auf das nördliche Ufer mit einer Fähre zu fahren, um dann ein paar Kilometer weiter erneut mit einem anderen Fähre auf das südliche Ufer zu wechseln. In dem Moment kamen uns zwei anderer Radler entgegen, von denen wir eigentlich nur wissen wollten, ob die Route am südlichen Ufer sehr hügelig wäre. Nein, nein, ganz eben! Aber ihr wollt in Schnackenburg nicht mit der Fähre über die Elbe, oder? Die fährt nämlich nicht! Was ein Glück! Wenn wir nach Karte gefahren wären, hätten wir uns den Campingplatz klemmen können oder hätten ein Riesenumweg fahren müssen. Also im Sinne von 30 km oder so. Damit war der Weg geklärt.
Nach weiteren 25 km langen wir dann auf dem Campingplatz an und konnten noch etwas mit anderen Radlern und Wanderern ratschen. Zum Essen gab’s dann noch Tortellini von Gaskocher und jetzt geht’s gleich ins Bett.
Gesamtstrecke: 100740 m Gesamtanstieg: 278 m Gesamtzeit: 09:16:43
Was ich gestern vergaß… Es passieren ja doch immer unglaubwürdige Dinge, die man dann beim Schreiben aber gerade nicht parat hat. Als wir an einem Feld vorbeifuhren sah ich im Augenwinkel etwas auf den Feld, was ich zunächst für eine Badewanne oder eine andere Art von Tränke hielt. Merkwürdig war höchstens das lange Rohr nach oben. Noch merkwürdiger wurde es, als sich dieses Rohr plötzlich bewegte. Ich hielt an, um das genauer zu beobachten. Noch mehr Bewegung. Ich dachte, dass mir meine Augen einen Streich spielen würden oder aber dass ich so dehydriert war, dass das Hirn auch nicht mehr mitspielen wollte, aber ich sah einen Strauß oder Nandu oder was auch immer. So einen Laufvogel halt. Steffi hatte allerdings dieselbe Sinnestäuschung. Es war so. Laufvogel. Kannste Dir nicht ausdenken.
Ebenfalls eine gestrige, noch erwähnenswerte Anekdote war, als wir an einem Schild vorbeifuhren, was glaube ich die Geschwindigkeitsbegrenzung von 20km/h aufzeigte und ein Einschussloch hatte. Das kannten wir schon von Kreta, da werden diese Art Schilder auch gerne angeschossen. Hier hatten wir nicht damit gerechnet. Es folgte der natürlich der Klischee-Hinweis auf den „Wilden Osten“, der anschließende Blick auf die Karte führte aber zur Richtigstellung, dass das doch aktuell gerade der „Wilde Westen“ wäre. Dann folgte Truck Stop, zu zweit mehrstimmig gesungen. Und ein Ohrwurm, den man nicht braucht. Aber was soll man machen…
Zurück zum heutigen Tage. Nach einer ziemlich verregneten Nacht wurden wir früh morgens um halb acht von einer Blaskapelle geweckt. When the saints go marching in. Echt jetzt?! Es war Dorffest an dem Wochenende, so weit, so gut. Aber das mit der Kapelle wär um zehn doch auch okay gewesen, oder?
Danach sind wir aber wieder eingeschlafen, das war zwar irgendwie gut, führte aber dazu, dass wir dann doch zu lange geschlafen haben und wiederum erst um Viertel vor elf los kamen. Nach gut fünf Kilometern waren wir dann schon wieder zurück auf dem ICT und wir konnten wieder normal navigieren.
Zuerst fuhren wir den Elbe-Lübeck-Kanal von Büchen aus bis runter nach Lauenburg, wo ich mich schon länger drauf gefreut hatte. In Lauenburg war ich zuletzt in der 4. Klasse auf Klassenfahrt und ich hatte es gut in Erinnerung.
Ich finde es immer noch schön, auch wenn es vielleicht nicht mehr so faszinierend ist wie mit zehn.
Beim „Rufer“ wollten wir dann endlich frühstücken bzw. zu Mittag essen. Dem zwei Tage alten Cheeseburger, den wir bis zum heutigen Morgen mitgeschleppt hatten, konnte ich beim besten Willen nichts abgewinnen. Danke, aber nein danke. Aber gibt ja noch andere Mitfahrerinnen, die sind da härter aufgestellt. Bei dem Restaurant beim Rufer hatten wir uns gerade hingesetzt und in die Karte geschaut, das sagte uns die Bedienung, dass sie noch Reservierungen hätte. Ah okay. Die Außenterrasse war zwar nahezu leer, aber wer nicht will, der hat schon. Gab ja noch andere Möglichkeiten in Lauenburg. Vielleicht sollte es auch so sein, danach hatten wir Elbblick und ganz fantastisches Essen.
Mittags so umfangreich zu essen war vielleicht auch nicht die beste Idee, aber auf einem Sonntag, an dem noch nicht mal klar war, wo wir überhaupt nächtigen würden… Haben ist besser als brauchen. Der erste Anruf bei einem Campingplatz war dann auch nicht von Erfolg gekrönt. Bandansage mit den Bürozeiten. Okay, da sind wir drin. Stunde später dasselbe. Hmmm… Ein paar Kilometer gäb’s noch einen, der Anruf verschaffte dann auch die nötige Sicherheit. Hervorragend.
Dann ging’s zunächst am nördlichen Elbufer weiter, wo wir am dann auch an der Freiluftausstellung „EinFlussReich“ vorbeikamen, die unter anderem die Pegelstände in Boizenburg bei den verschiedenen Hochwassern aufzeigte. Ganz schön gruselig.
Noch ein Stück weiter erreichten wir den Aussichtspunkt Elbberg und der Name war Programm. Der Anstieg hatte es echt in sich. Leider war der Aussichtspunkt dann auch noch abgesperrt, aber man konnte noch durch den Zaun auf die Elbe runter schauen. Überraschend hoch und sah echt gut aus, schade, dass man nicht näher ran kam.
Nach Boizenburg ging’s weiter auf dem Elberadweg oben auf dem Deich entlang, der Wind kam jetzt glücklicherweise eher von hinten, fair. Dann erreichen wir die Fähre und setzten über auf das südliche Elbufer.
Nach weiteren anderthalb Stunden erreichten wir unseren Campingplatz für heute, ganz traumhaft am Elbufer gelegen. Ordentlich windig, aber auch echt schön.
An der Tanke kurz nach der Fähre hatten wir immer noch Dosenravioli besorgt, nach dem opulenten Mittagsmahl sollte das mehr als ausreichend sein. Karo einfach, aber manchmal das Beste auf der Welt, wenn der Rest stimmt.
Gestern sind wir gegen Viertel vor acht in Lübeck angekommen, also nach gut zehn Stunden Autofahrt. Der Hotelier war zum Glück gerade noch da, so konnten wir das Auto doch in der Garage abstellen und mussten es nicht auf dem Bahnhofsparkplatz parken. Diese Tiefgarage war eine Einzelgarage und innen waren links und rechts Steine rausgefeilt, damit die Außenspiegel auch mit hinein passten. Schnell das Zimmer bezogen und dann ab, Lübeck Downtown. Oder was man so nennen will. Die Bürgersteige werden hier durchaus früh hochgeklappt. Nach einer Weile sind wir aber fündig geworden und saßen dann noch im Lübecker Wein-Kontor, was wirklich nett war. Guter Wein und ein vorzügliches Raclette-Brot.
Heute morgen war dann mehr als genügend Zeit, hatten wir uns doch erst zu um zehn Uhr mit unserer Schwägerin verabredet, die unser Auto dankenswerter Weise aus Lübeck abholte, so dass wir in zwei Wochen dann nicht schon wieder einen Tag auf der A7 verbringen müssen, sondern ganz entspannt mit der Bahn zurück nach Schleswig-Holstein fahren können.
Noch einen Kaffee zusammen und dann ging es los! Zunächst quer durch Lübeck, bis dann langsam die Häuser weniger wurden, fuhren wir lange entlang der Wakenitz Richtung Südost. Traumhaft! Und dann war es soweit, das erste Schild mit der 13! Iron Curtain Trail, nach fünf Jahren back on track!
Danach verließen wir dann leider irgendwann das beschauliche neben-der-Wakenitz-fahren, um dann mächtig viel Gegend zu sehen. Die Felder und Äcker, die wir gesehen haben, waren alle beeindruckend groß! Viele waren schon abgeerntet und und überall konnte man den „Nebel“ sehen, wo just in diesem Moment die Mähdrescher fuhren.
Wir fuhren immer weiter und kamen dann an die ehemalige Grenze, wo mit mehreren Schautafeln der damalige Wahnsinn beschrieben wurde.
Gegen halb fünf entschieden wir uns für einen kleinen Umweg, da bisher noch keine Gelegenheit zu einer Pause war, wo man endlich mal etwas Zuckerwasser in die Figur bekommen konnte und landeten im Dielencafé in Kittlitz. Das hat sich gelohnt! Nicht nur wegen der eiskalten Cola, die förmlich verdampfte, sondern weil es auch ganz hervorragenden selbst gemachten Kuchen gab.
Es war nicht mehr so weit, bis zwei Campingplätze auf dem Weg lagen, einer dürfte schon Platz haben für ein kleines Zelt und zwei Fahrräder. Dachten wir. Beide waren bis zum Rand gefüllt und wir brauchten eine Alternative. Zumal auch absehbar war, dass es später regnen würde. In der Folge suchten wir dann auch abseits der Route, um eine Bleibe für die Nacht zu finden. Fündig wurden wir in Gudow, das wären noch 20 km. Aber der Platzwart sagte am Telefon auch, dass wir bis um halb sieben da sein müssten. Okay… noch gut anderthalb Stunden Zeit, das sollte lösbar sein. Zum Glück ging es dann nicht mehr ganz so bergauf und bergab, so dass wir um zehn nach sechs mehr als rechtzeitig da waren. Es war auch noch genügend Zeit, um das Zelt aufzubauen, bevor der Regen kommen sollte. Essen war dann schon eng, also keine Dusche, sondern gleich ran an den Trog, die Leute wollten Feierabend machen. Um sieben. Überraschend früh für einen Campingplatz, aber auch hier bekommen sie kein Personal in der Gastro. Und nach zwölf Stunden reicht’s dann auch. Verständlich. Trotzdem bedauerlich. Das Essen – es gab Schnitzel – war überraschend gut, aber nach dem Tag wären wir wahrscheinlich auch mit noch weniger zufrieden gewesen.
Jetzt ist der Regen scheinbar vorbei und somit gibt’s jetzt doch noch eine Dusche und dann ist unser erster gemeinsamer Tag auf dem Iron Curtain Trail auch schon wieder vorbei. Schön war’s!
Ach ja… Der Otter war natürlich auch 😉
Gesamtstrecke: 74828 m Gesamtanstieg: 368 m Gesamtzeit: 07:16:47
sind bald vergangen, um den nächsten Abschnitt des Iron Curtain Trail anzugehen: das Grüne Band. Der Abschnitt, den ich damals eigentlich noch fahren wollte, den ich dann aber wegließ, da das Wetter und ich einfach keine Freunde mehr wurden. Am Ende ist alles immer so, wie es sein soll und ich denke, das war es auch. So ergibt es sich nun, dass ich den nächsten Abschnitt nicht alleine fahre, sondern diesmal zu zweit ünnerwegens bin – Steffi ist mit dabei, um mit mir zusammen die nächsten zwölf Tage auf dem Rad zu verbringen.
Es ist Freitag, der 2. August 2024 und wir befinden uns gerade auf der A7 mit dem Ziel Lübeck, um nahtlos da anzusetzen, wo es 2019 nach über 3000 km zum letzten Mal Zielanflug hieß. So viele Kilometer werden es diesmal nicht werden. Das ist nicht nur der zur Verfügung stehenden Zeit allein geschuldet, sondern auch der Idee, diesmal nicht in den „Kilometerfresser-Modus“ zu kommen und alles, was es auf dieser geschichtsträchtigen Route anzuschauen gibt., links liegen zu lassen. Da war ich bei meiner ersten Tour irgendwann drin. Es ging nicht mehr um die Orte oder um die Tour an sich, sondern nur noch darum möglichst weit zu fahren an dem jeweiligen Tag. Ich hoffe, dass das zu zweit besser geht und wir uns – im wahrsten Sinne des Wortes – gegenseitig ausbremsen können.
Schuldig geblieben bin ich die Erklärung, warum der Flying Otter so heißt wie er heißt. Das will ich gerne nachholen. Die erste Hälfte des Namens ist eine beabsichtige Reminiszenz an die Schulzeit in Ellerau, wo es sich regelmäßig begab, dass mein guter Freund Bas mich mit dem alten holländischen Tandem seiner Familie zuhause abholte und wir dann auf diesem in wirklich atemberaubender Geschwindigkeit zur Schule fuhren. Das Tandem hatte als Spitznamen The Flying Dutchman.
Die zweite Hälfte des Namens ist wiederum eine Erinnerung und ein Dank an einen anderen Freund, der in einer Silvesternacht an der Feuertonne stehend zu mir sagte: „Was… irgendwann? Buch! Ich bin dabei!“ Ich hatte ihm zuvor von einem Zeitungsartikel erzählt, den ich gelesen oder vielmehr bestaunt hatte. Dort wurde mit unglaublich schönen Bildern eine Wanderroute in Südafrika beschrieben, die ich irgendwann mal machen würde. Wir buchten und ein gutes Jahr später waren wir tatsächlich da und wanderten an der Küste, was sicherlich auch einen Blog wert gewesen wäre. Zum Glück waren wir zu fünft unterwegs und so wird die Erinnerung durch Erzählungen wachgehalten. Ohne Holger würde ich immer noch nur träumen vom Otter Trail.
Der Otter Trail heißt so, weil dort Seeotter an der Küste leben, die man mit ganz viel Glück dort schwimmen sehen kann. Gleichzeitig ist der Trail durch gelbe Otter-Tatzen farblich markiert. Es ging auf der Wanderung an der Küste immer wieder rauf und runter, was durchaus fordernd war bei den Temperaturen vor Ort und auch wegen des Gepäcks, das recht schwer war, da wir auch die Verpflegung für die fünf Tage dabei haben mussten. In der Folge war die gelbe Markierung irgendwann für nicht nur der Hinweis, sondern auch immer ein Gruß vom Otter, dem personifizierten Bösen, das diese Route so angelegt haben musste. Immer wenn man dachte, das war’s jetzt, gleich kommt die Hütte für heute Nacht, ging es immer noch mal rauf und wieder runter. Mindestens ein Mal, der Otter hat immer noch einen Pfeil im Köcher… da dachte ich immer wieder dran, wenn es mal wieder Wellblechstraßen oder andere Widrigkeiten beim für mich ersten Abschnitt vom Iron Curtain Trailgab.
Schuldig geblieben bin ich auch den Bericht von meiner Rückreise, die eher unspektakulär mit der Bahn von Bad Segeberg aus nach Hause ging. Nachdem ich in Lübeck angekommen war, bin ich damals mit der Regionalbahn nach Bad Segeberg weitergefahren und habe noch meinen Bruder besucht. An dem Abend sind wir dort auf das Oktoberfest dort gegangen, was tatsächlich völlig schräg für mich war. Nicht, weil es ein Oktoberfest in Schleswig-Holstein war, sondern weil es nach gut sechs Wochen das erste Mal war, so unglaublich viele Menschen auf einem Haufen zu erleben. Und alle(s) laut.
Es gab sicherlich noch die eine oder andere Begebenheit, die erzählens- oder zumindest erinnernswert gewesen wäre, aber leider fallen mir diese nicht mehr ein. Das ist die späte Bestätigung, wie sinnvoll es ist, diesen Blog damals geschrieben zu haben. Und so wird es auch diesmal sein. Also, drückt uns die Daumen, dass uns das Wetter wohl gesonnen ist und wir die Tage auch alle fahren können und mir, dass ich auch diesmal durchgehend den Elan aufbringe, dieses Tagebuch weiterzuschreiben.
Frühstück hatte ich zu um acht Uhr – früher ging nicht – bestellt, wollte ich doch zeitig los, um möglichst früh in Lübeck zu sein. Das Wetter sah hervorragend aus, blauer Himmel. Aber eisig kalt, acht Grad nur.
Der Flying Otter, bereit für das letzte Gefecht
Dann ging es zügig raus aus Wismar, immer an der Küste längs. Und wie es in dem Kartenmaterial schon stand, es ging ordentlich rauf und runter – und das an der deutschen Ostseeküste! Das war in meiner Vorstellungskraft auch nicht so gegeben. Die Wege waren aber gut ausgebaut, so machte das durchaus Spaß.
Ortsausgang Wismar
Es ging an wirklichen schönen Stränden vorbei, an netten Orten und auch wieder an der Steilküste. Es lief richtig gut! In Boltenhagen hielt ich noch beim Fahrradladen und kaufte mir geschlossene Radhandschuhe, es war echt frisch. Und einen neuen Ersatzschlauch, das hatte ich bisher noch nicht gemacht. Man weiß ja nie!
Steilküste bei Boltenhagen
Dann führte der Weg würde mehr in den Wald und der Boden wurde wieder etwas holpriger. An der Gedenkstätte zur Kap Arkona hielt ich an und las über das Schicksal des in den letzten Kriegsstunden kurz vor der Küste versenkten Flüchtlings-Schiffes.
Der Weg wird wieder ruckeliger
Eine halbe Stunde später nahm das Drama seinen Lauf. Der Weg war sehr schotterig mit vielen Pfützen, wo man dann auch nicht sehen konnte, was sich darin befindet. Ich hatte plötzlich das Gefühl auf Seife zu fahren. Ein Blick nach hinten offenbarte dann auch warum. Es war recht wenig Luft im hinteren Reifen. Okay, anhalten, mal was nachpumpen. Relativ bald war klar, das reicht nicht. Ich musste den Schlauch wechseln. Verdammt, nur noch 4 km bis Travemünde! Echt? Jetzt noch? Na gut, ist ja schnell gemacht. Also das Wechseln. Das Pumpen mit der kleinen Notpumpe eher nicht so. Dann wurde es fies. Das Ventil hielt nicht. Immer wenn ich die Pumpe wieder abzog, schoss mir das Ventil entgegen. Dann hieß es neu aufpumpen. Nach dem dritten Mal gab ich entnervt auf. Der Reifen war ja halb voll, ab jetzt wird geschoben, dafür reicht’s! Der nächste Fahrradladen war in Travemünde. Also schob ich erstmal bis zur Fähre in Priwall. Der Automat wollte meine Karte zuerst nicht, es fing an zu regnen und ich verpasste die erste Fähre. Der erste Fahrradladen in Travemünde hatte zu – es war ja Mittwoch Nachmittag. Es war wie in Stephen King’s „Der Anschlag“, je näher Du dem Ziel kommst, desto mehr wehrt sich die Zeit dagegen.
Travemünde – hier hatte alles vor gut sechs Wochen angefangen
Also noch weiter schieben. Der nächste Fahrradladen hatte geöffnet, er konnte mir erklären, warum das Ventil immer wieder zurückkam – man brauchte einen speziellen Plastikschlüssel zum Festziehen. Aha! Hatte ich beim letzten Schlauch wohl einfach nur Glück… Das Aufpumpen war mittels Kompressor dann ein Klacks. Der Otter war wieder fit, aber der ganze Spaß hatte weit über zwei Stunden gekostet. Das frühe Ankommen in Lübeck hatte sich erledigt.
Regen bei Sonnenschein
Dann ging es flott weiter Richtung Lübeck, die Beschilderung war gut. Es regnete zwar zwischendurch noch mal – während die Sonne schien – aber das dauerte nur zehn Minuten. Dann hörte die Beschilderung einfach auf und die aktuelle Postionen wich doch ganz gut von der Karte ab, die mir Komoot errechnet hatte. Mist! Ich guckte etwas verloren in der Gegend nach einem weiteren Fahrradschild, während ich an der Ampel stand, als ich dann glücklicherweise aus einem Auto heraus angesprochen wurde, wo ich denn hin wolle. Ja, ins Zentrum… Er zeigte hinter mir auf die Bushaltestelle und sagte, dass ich dort mit dem Bus mitfahren solle, der würde mich durch den Herrentunnel bringen. Es würde auch nichts kosten. Mmh, okay, hört sich trotzdem komisch an. Ich schaute auf den Fahrplan und der Bus sollte in fünf Minuten kommen, warten wir’s mal ab. Aber genau so war’s dann auch. Ein Bus kam, zur Hälfte nur für Fahrräder, sogar noch mit einem extra Anhänger nur nur Räder. Verrückt!
Im Bus durch den Tunnel
Und dann fuhr der Otter Bus. Klappte alles ganz hervorragend. Danach ging es noch ein paar Kilometer durch die Stadt, aber dann war ich am erklärten Ziel. In Lübeck am Holstentor. Nach 3231 km war der Iron Curtain Trail für mich an dieser Stelle beendet.
Danke allen, die mich in diesem Vorhaben unterstützt haben und mir immer wieder Mut zugesprochen haben, wenn ich dachte, dass es jetzt genug wäre oder wenn das Wetter wieder Dinge getan hat. Aber auch Danke an alle, die gefrotzelt haben und so immer wieder ein Schmunzeln in mein Gesicht zaubern konnten. Am Ende ist alles immer gar nicht so schlimm und irgendwie geht es sowieso weiter. Das wurde mir noch mal mit aller Deutlichkeit vor Augen geführt und sollte auch so sein.
Der größte Dank gilt meiner Frau, die gesagt hat, mach das, Du schaffst das, ich komme hier auch alleine zurecht die paar Wochen. Du bist großartig, ich liebe Dich!
Danke für’s Zuhören bzw. Lesen, es war doch viel mehr Arbeit, diesen Blog zu verfassen, als ich mir das vorher vorgestellt hätte – gerade wenn man das alles nur mit dem Handy macht, die Autokorrektur kann einen da schon wahnsinnig machen! – aber es hat sich gelohnt!
Einen Nachklapp oder Resümee schreibe ich hier in den nächsten Tagen rein, auch wie sich die Rückführung gestaltet hat – das ist durchaus nochmal spannend! Dann erzähl ich auch die Geschichte vom Otter, warum der so heißt und warum es überhaupt diese Strecke geworden ist.
Freuen würde ich mich weiterhin über Kommentare hier im Blog, denn die bleiben mir erhalten, die ganzen Textnachrichten über WhatsApp usw. sind vergänglich. Die Kommentarfunktion erscheint, wenn Ihr den einzelnen Beitrag auswählt, beispielsweise wenn Ihr die Überschrift anklickt. Auch dafür vielen Dank!
Wie versprochen kommen nun noch die beiden fehlenden Tage.
Fertig gepackt
Am Vormittag des vorletzten Tages der Tour sollte es regnen. Meine Hoffnung, dass es erst anfangen würde, wenn ich das Zelt schon verpackt hatte, löste sich dann beim Aufwachen um halb sieben auf: es regnete schon. Dann kannst Du auch noch liegen bleiben und warten, bis es aufhört. Es reicht ja, wenn Du das Zelt nass einpacken musst, deswegen musst Du Dich ja nicht selbst nassregnen lassen. Gesagt, getan. Es hörte dann auch tatsächlich auf, aber bis ich dann wirklich loskam, war es elf Uhr. Mmh, eigentlich wolltest Du heute nochmal ein ordentliches Stück radeln, damit Du morgen wirklich bei halbwegs gutem Wetter bis nach Lübeck kommst…
Moor
Anfänglich ging es wieder nur durch den Wald. Direkt eine halbe Stunde nach der Abfahrt kam auch der Regen zurück, ganz toll. Dann sollte der Weg durch ein Moor gehen, vielleicht 600 m. Bei trockenem Wetter wäre das bestimmt interessant gewesen… Bei diesem? Nein, das lassen wir mal lieber! Retour!
Fähre in Warnemünde
Nicht mal eine Stunde später war ich dann schon in Warnemünde, wo ich ebenfalls wieder mit einer Fähre übersetzte. Direkt im Anschluss sollte ich mittels Unterführung auf die andere Seite des Bahnhofs, wo der Radweg dann weitergehen sollte. Diese Unterführung hat es in sich! Sehr steil, kein Fahrstuhl in Sichtweite und für die Räder nur so eine Art schmale Betonregenrinne an der Seite der Treppen. Runter ging, hoch nicht. Ich hatte das beladene Rad noch nicht mal auf halber Höhe und konnte mit den Bremsen verhindern, dass das Rad wieder hinunterrutscht. Mit aller Kraft versuchte ich den Otter weiterzuschieben – und plötzlich ging es viel leichter! Das war komisch, aber da hörte ich auch hinter mir schon eine Stimme: „Schieb weiter! Ich helf Dir!“ Gemeinsam schafften wir den Otter da hoch und dann sah ich erst, dass der Mann, der da so freundlich mir angepackt hatte, bestimmt schon sechzig war. Ich bedankte mich natürlich direkt und kam dann noch mit ihm und seiner Frau ins Gespräch. Die üblichen Fragen, aber auch wieder rundherum nette Menschen, die ganz begeistert waren von dem, was ich da tat. Und sie waren beide Fans von Tallinn und sagten mir, dass ich mich auf jeden Fall auf Lübeck freuen sollte! Im Anschluss wärmte ich mich in einer Bäckerei auf, wo es dann auch endlich Frühstück gab. Für später nahm ich mir noch ein Franzbrötchen mit, welches ich eilig im Gepäck verstaute, damit es nicht nass wurde.
Auf der weiteren Fahrt fuhr ich immer wieder an der Steilküste, was – wie schon erwähnt – an sich ganz schick gewesen wäre, aber bei Dauerregen nicht wirklich. Es war ganz gleich eigentlich, wo ich dann an diesem Tag war. Ich kam durch viele Touristen-Orte wie Kühlungsborn oder Heiligendamm und konnte viele beeindruckende Hotels sehen. Es war auch trotz des Wetters überall was los, aber ich wollte einfach nur weiter, um trotzdem noch mein erklärtes Tagesziel zu erreichen: Wismar.
Dieses Café war eher eine der Ausnahmen
In der Zwischenzeit buchte ich dann noch ein Zimmer in Wismar, als klar war, dass es heute tatsächlich erreichbar war. Doppelzimmer mit Terrasse – sehr gut! Da kann der Otter direkt auf der Terrasse stehen und Du brauchst Dein Gepäck nicht hochschleppen! Weiter ging’s durch den Regen, langsam war mir echt kalt. In der Zwischenzeit hatte ich bereits den Windstopper unter der Regenjacke an, anders wäre ich erfroren glaube ich.
Ortseingang Wismar
Dann war ich endlich da. Der Schlüssel war wieder einmal in einem Safe, okay, passt. Mmh. Zimmer 14? Hört sich jetzt mehr nach erstem Stock an… Da war es dann aber nicht. Die enge Treppe führte mich bis in den dritten Stock?! Tja… Dachterrasse. Das war genau das, was man braucht, wenn man den ganzen Tag durch den Regen gefahren ist. Naja, zur Belohnung gibt’s jetzt vor der heißen Dusche erstmal das Franzbrötchen! Der erste Bissen offenbarte leider, dass das Brötchen vom Imprägnierspray getroffen wurde. Absolut ungenießbar. Na toll. Beim Ausziehen stellte ich dann fest, dass der Windstopper unter der Regenjacke ordentlich nass geworden ist. Ob das man bis morgen trocknet? Ich weiß ja nicht…
Nach der Dusche ging es ab zum Griechen, der zum Glück keine 200 m entfernt lag. Guter Service, gutes Essen – wenigstens ein Ausgleich für diese nassen 91 km. Froh war ich trotzdem, das Ziel lag nun in greifbarer Nähe – ich konnte das Marzipan aus Lübeck schon riechen!
Gesamtstrecke: 90081 m Gesamtanstieg: 449 m Gesamtzeit: 07:20:24
Gestern hatte ich noch mit Erstaunen feststellen müssen, dass ich einen Platten hatte. Zum Glück hatte ich vor der Fahrt dann doch noch einen Ersatzschlauch gekauft. Da es immer noch regnete, wurde kurzerhand das große Zelt von meinem Bruder zur Werkstatt umfunktioniert. Der Reifen war schnell demontiert und der Übeltäter auch sofort gefunden. Eine Scherbe hatte sich tatsächlich durch den Mantel geschnitten und so den Schlauch punktiert. Eigentlich sollte das ja gar nicht möglich sein…
Darßer Urwald
Im Café gab’s dann noch Frühstück für uns vier und dann machten sich meine Brüder auf den Heimweg. Ich fuhr dann anfänglich nur durch den Wald, den Darßer Urwald. War aber ganz angenehm, denn im Wald hat man eher selten Wind. Manchmal aber doch und dann werden sogar Bäume entwurzelt. Blöd ist dann, wenn die komplett über dem Weg liegen. Das kann dann mit dem schwer beladenen Rad durchaus auch mal eine Herausforderung werden.
Oops
Dann führte mich der Weg direkt an den Weststrand – und da ließ der Kollege Wind mal richtig die Muskeln spielen. Alter Schwede. Dass es heute ordentlich stürmen sollte, hatte die Vorhersage ja prognostiziert, aber das war dann doch mehr als womit ich gerechnet hatte.
Am Weststrand
Von da aus sollte ich den Rest des Nachmittags direkt am Meer bleiben. Die Sonne schien und es gab unzählige tolle Blicke auf den Strand und das Meer. Der Wind war zwar wirklich heftig, aber zum Glück war der Weg die meiste Zeit ganz gut vor ihm geschützt. An einer Stelle bin ich für vielleicht 150 m auf der Steilküste gefahren, da dachte ich wirklich, dass es mich gleich wegbläst.
So machte der Tag bzw. der Nachmittag wirklich Spaß. Und auch der Wind machte mir tatsächlich Spaß, auch wenn einige Abschnitte wirklich zornig waren. Durch den späten Start am Mittag und einer leichten Trägheit, die vielleicht unter Umständen ganz eventuell auf den Abend zuvor zurückzuführen sein könnte… Ach Quatsch! Der Wind war’s! … kamen da heute nur 45 km oder so zusammen. Das Zelt wurde heute im Ostseecamp aufgeschlagen, hoffentlich fängt der angekündigte Regen morgen erst an, wenn ich schon gepackt habe…
Gesamtstrecke: 44515 m Gesamtanstieg: 307 m Gesamtzeit: 06:41:27
Wenn auch mit einem Tag Verspätung, hier nun der Reisebericht von gestern.
Es regnete. Wieder einmal. So ging es dann zuerst rüber zum Bahnhof, wo ich am Tag zuvor einen Bäcker erspäht hatte. Zwei belegte Brötchen und ein Kaffee, sechs Euro. Plötzlich wirkte das im Hotel ausgeschlagene Frühstück für zwölf Euro gar nicht mehr soo teuer. Und doll war das Brötchen jetzt auch nicht.
Gorch Fock I
Es ging Richtung Norden aus der Stadt raus, vorher schaute ich aber noch kurz im Hafen vorbei, um einen Blick auf die Gorch Fock I zu werfen. Schick.
Auf dem Deich
Ich fuhr durch die wirklich schöne Bodden-Landschaft, oft auch auf dem Deich. Leider war es bedeckt und der Wind sorgte auch immer wieder dafür, dass man das gar nicht so richtig genießen konnte.
Bodden-Landschaft
Es lief aber insgesamt echt gut, der Otter und ich kamen hervorragend voran. In Zingst war es dann soweit, ich hatte die 3000 km voll. Deswegen – aber auch weil mir echt kalt war – gab’s dann eine Marzipan-Waffel und einen Kaffee. Lecker! Hatte ich vorher noch nie gegessen, ist aber echt großartig!
Von da aus waren es dann nur noch wenige Kilometer und ich hatte trocken das Ziel für den Tag erreicht, den Campingplatz Regenbogen in Prerow, wo mich meine Brüdern besuchen wollten, was mich natürlich sehr freute. In der Folge war dann auch keine Zeit zum bloggen.
Die 71 km hatte ich schon um halb drei abgerissen, nicht schlecht… Pünktlich vor dem Regen, der gegen halb vier einsetzte und bis zum nächsten Tag mittags auch nicht mehr aufhören sollte.
Gesamtstrecke: 67379 m Gesamtanstieg: 312 m Gesamtzeit: 05:25:08
Der Flying Otter sah aus… auweia, so kannst Du nicht los, auf keinen Fall. Jetzt ist die Zeit für WD40 gekommen, der Sand muss raus aus der Kette! Mit Lappen, Zahnbürste und Öl bewaffnet machte ich mich daran, das arme Tier zu säubern. Das dauerte. Und da kam ordentlich was runter. Entsprechend später kam ich dann los, aber das war alternativlos.
Kurz nach Lubmin konnte man einen Strandweg fahren, um sich den Teufelsstein anzuschauen. Das hörte sich interessant an. Unter Strandweg hatte ich mehr Weg am Strand verstanden und weniger Strand auf dem Weg. Egal, durch da, lohnt sich bestimmt. Dann kam ein schon fast vergessener Spieler zurück auf’s Spielfeld – der Wind ließ kurz die Muskeln spielen. Oha. Stimmt… den gibt’s ja auch noch…
Stein im Wasser
Angekommen am Stein stellte ich fest, dass das nicht meine Art von Humor war. Ein Stein, im Wasser. Aha. Der größte Findling im Kreis oder Land oder so. Ändert nix daran – ein Stein, im Wasser. Und wirklich groß fand ich den auch nicht. Dafür den Aufriss…
Hunderte Schwäne
Kurz darauf gab’s dann aber echt was zu bewundern. Also fand ich zumindest. Ich hatte vorher schon Schwäne gesehen, auch in der Ostsee, aber noch niemals diverse hundert auf einmal. Wow!
In Bewegung sah das noch besser aus!
Etwas später kam ich dann einem Spot vorbei, wo einige Kite-Surfer ihr Unwesen trieben. Das sah ganz witzig aus, weil ich zuerst nur die Segel oder Drachen von denen sehen konnte. Gleichzeitig konnte ich schon auf die andere Seite des Boddens nach Greifswald gucken, was das erste Zwischenziel für heute sein sollte. Puh… so weit noch… Es ging einfach nicht gut voran heute. Irgendwie schleppend.
Am Hafen längs
In Greifswald endlich angekommen wich ich von der Route ab, um wenigstens mal auf den Marktplatz zu schauen. Der Hinweg war bis dahin sehr nett, ging es doch auf der alten Treidelstrecke durch den Hafen bis zur Brücke. Auf dem Weg hätte ich dann fast eine Ringelnatter überfahren. Gerade noch rechtzeitig konnte ich das Vorderrad hochreißen, beim Hinterrad war sie schon weit genug unter durch. Gar nicht mal so klein das Exemplar, bestimmt mehr als 60 cm. Und flink! Somit wieder leider kein Foto.
Marktplatz in Greifswald
In der Stadt aß ich dann ein Fischbrötchen und goss mit Zuckerwasser auf. Half alles nix. Immer noch müde und schlapp. Es gab eine erste Husche, die störte aber nicht, zu dem Zeitpunkt war ich gerade unter dem Vordach am essen.
Wellblech-Oberfläche 3.0
Danach wurde die Strecke wirklich ungemütlich. Kopfsteinpflaster. Ohne Ende Kopfsteinpflaster. Über 20 km sollten es später gewesen sein. Irre. Ich glaub, ich wackel immer noch.
1000 Jahre…
Zwischendrin führte mich der Weg über Reinberg, wo ich kurz die 1000 jährige Linde begutachten konnte. Nebenan war ein Dorffest oder so was, vielleicht auch Tag der offenen Tür bei der Feuerwehr. Zumindest stand ein Löschfahrzeug da.
Das tut nix, das will nur spielen!
Weiter auf dem Kopfsteinpflaster. Ich dreh durch. Dann braute sich allerdings was zusammen und das machte mir dann ganz gut Beine. Es waren zwar nur noch zehn Kilometer, aber der Regen dürfte schneller sein als ich. Nee, half nix. Rein in die frisch imprägnierten Regen-Klamotten. Und dann ging’s los. Ganz ordentlich auch. Hmpf, wären nur noch knapp fünf Kilometer gewesen. Das Imprägnieren hat aber was gebracht würde ich sagen. Zumindest ein bisschen.
Regen auf’m Bodden
Morgen soll es wieder reichlich schütten. Mit Glück erst ab Mittag, dann kann ich bis dahin noch etwas schaffen. 80 km wie heute sehe ich für morgen allerdings noch nicht. Dafür freue ich mich morgen auf meine Brüder, die mich morgen Abend besuchen kommen wollen.
Stralsund by night
Gesamtstrecke: 76452 m Gesamtanstieg: 383 m Gesamtzeit: 06:44:55
Der Regen kam. Wie angekündigt. Bis um elf hatte ich Karenzzeit, dann war Check Out im Hotel. Die Zeit nutzte ich bis zum Anschlag, aber dann half alles nichts – los ging’s.
Der Otter am Grenzstein
Das Aussitzen war aber für’s erste von Erfolg gekrönt – nieselte es doch nur. Swinemünde verändert sich gerade ordentlich, die Straße vor dem Polenmarkt wird auch gerade komplett neu gemacht. Alles viel schicker im Vergleich zum letzten Mal, wo ich hier war.
Und dann war sie auch schon da, die letzte Grenze, die ich auf meinem Trip überqueren sollte. Das war ein besonderer Moment und der bisher einzige, wo ich kurz so etwas wie Heimweh verspürte.
Willkommen in Deutschland – es ist alles geregelt
Danach kam ich dann über Ahlbeck nach Bansin – und fuhr im Anschluss die ganze Zeit im Wald. Damit hatte ich nicht unbedingt gerechnet. Und schon gar nicht damit, dass das der hügeligste Wald der ganzen Reise war.
Es ging immer weiter und regnete mittlerweile sehr ordentlich. Einmal hielt ich kurz unter einer Unterführung, merkte aber schnell, dass das mit dem Temperaturhaushalt nicht funktionieren würde, mir wurde kalt. Also weiter, nass bist Du ohnehin, dann sorg eben dafür, dass Du nicht auskühlst.
Bei dem Wetter macht man das definitiv auch!
Nach einer kurzen Mittagsrast an einem Kiosk – Bratwurst mit Bautzener Senf – ging es weiter. Mit einem Campingplatz hatte ich schon telefoniert, dort würde ich für einen Preis, der in Rahmen liegt, wieder so eine Holztonne bekommen. Hatte allerdings zur Folge, dass ich noch etwas fahren muss. Aber das ist ja okay, deswegen bin ich ja hier.
Ehemalige Heeresversuchsanstalt in Peenemünde
Dann ging es weiter nach Peenemünde, wo dann die Zeit leider nicht reichen sollte, um das Museum zu besichtigen. Bei neun Euro Eintritt möchte man dann auch was sehen und lesen und nicht nur durchrennen. Schade, schade – das wäre sicherlich superinteressant gewesen. Aber bei der Wetterlage muss man dann auch Abstriche machen bzw. gegeneinander abwiegen. Warm ging hier leider vor Bildung.
Über die Peene
Dann ging es Richtung Wolgast, von Peenemünde aus also nach Süden – die Richtung, aus der das Wetter kam. Und es fing natürlich wieder an regnen. Jetzt gab’s das Wasser direkt ins Gesicht. Dauerte zum Glück nicht allzu lang, vielleicht zwanzig Minuten bis halbe Stunde. Während dieser Husche fuhr ich einen Hügel hinab und machte mich möglichst klein, um auch jeden Stundenkilometer rauszuholen, den es rauszuholen gab. Dabei flog ich an zwei Spaziergängern vorbei und der eine sah mich in genau dieser Haltung. Ein Lächeln, ein Daumen nach oben. Das brachte mich auch zum Lächeln. Es sind wirklich immer die kleinen Dinge im Leben.
Der Otter leidet!
In Wolgast hielt ich noch kurz beim Famila und kaufte mir Imprägnierspray, mit Glück bringt das ja was. Es soll ja schließlich noch mehr regnen. Noch 12 km, Zielanflug!
Wie zum Hohn kommt beim Zielanflug noch mal die Sonne raus
Der Otter gab sich keine Blöße und lief wie geschmiert – obwohl er aussah wie Sau. In Nullkommanichts waren wir da und konnten den Schlüssel für die Tonne in Empfang nehmen. Die Frau an der Rezeption hatte Mitleid mit mir und schenkte mir die Duschmarken. Danke! Als ich aus der Rezeption herauskam, war da ein Regenbogen am Himmel. Richtig fett und man konnte sogar gut die Dopplung sehen. Auch das brachte mich wiederum zum Lächeln.
Einfach schön
Jetzt sitz ich hier draußen vor meiner Tonne, hab gerade Plastiknudeln gegessen und lächle immer noch. Und bin mächtig stolz auf die 87 km heute, denn die waren diesmal echt nicht leicht verdient.
Gesamtstrecke: 83846 m Gesamtanstieg: 428 m Gesamtzeit: 07:23:32
Puh, etwas später wach geworden – zwei Tage hintereinander über 100 km machen sich dann doch mal bemerkbar – und somit dann auch entsprechend mit Zeitverzug losgekommen.
Alles noch sehr trist morgens
Der Dreiklang aus Karte, Komoot und Beschilderung war sich wie immer nicht so ganz einig, wo es denn längs gehen sollte. Karte und Schilder lagen heute aber in Führung. Anfänglich war die Strecke dann auch wieder maximal unbeeindruckend.
Steht in Niechorze, nicht in Rügenwalde
In Rewal fuhr ich quasi auf der Steilklippe mit einem hervorragenden Blick auf das Meer. Und nach kurzer Zeit erreichte ich eine Aussichtsplattform, die über den Strand ragte. Fand ich irgendwie schräg, aber als ich da war, erklärte sich dann auch, warum das Ding dahin gebaut wurde. Ermöglichte es doch so einen Blick auf die Kirchenruine von Hoff zu werfen.
Beim Verlassen der Plattform wurde ich mal wieder auf mein Fahrrad angesprochen. Wo ich herkomme, wo ich hin will, ob ich echt ganz alleine unterwegs bin und wie immer die am meisten bewegende Frage – wo ich denn den Strom unterwegs herbekomme. Das Konzept E-Bike ist vielen noch nicht so geläufig, auf meiner Reise habe ich bisher auch fast keine gesehen. Es ist in erster Linie ein Fahrrad. Man muss tatsächlich selber treten, sonst passiert da gar nichts. Wenn man dann den Motor zuschaltet, wird es etwas leichter. Gerade beim bergauf fahren ist das dann eine tolle Sache.
Danach ging es wieder durch den Wald und schließlich musste ich mich dann entscheiden, ob ich über die Landstraße direkt nach Miedzyzdrojach fahre oder erstmal 11 km Umweg fahre, um dann noch weitere 10 km durch den Nationalpark zu fahren, wo dann am Ende ein Wisent-Gehege sein sollte. Ach was, mittlerweile schien die Sonne, was soll’s?
Nationalpark
Der Umweg war schnell gefahren, dann ging’s in den Nationalpark. Da war es dann ziemlich ruhig, der Weg… interessant. Manchmal ist es etwas abenteuerlich mit bis zu dreißig Sachen die Waldwege längszubraten, ist der Untergrund doch immer für eine Überraschung gut.
Nach dem Gehege, was dann nichts anderes war als ein kleiner Wildpark, wo ich dann zunächst noch überlegt habe, ob ich da jetzt wirklich reingehen soll – Hallo?! 11 km Umweg, um das zu sehen, was überlegst Du da gerade?! – ging’s kurz durch die nächste Stadt und dort gab es wieder Unterschiede in der Wegführung. Ich ließ das GPS gewinnen und wurde nicht enttäuscht. So fuhr ich bei bestem Wetter nochmal am Strand längs. Dass es ab morgen eine Woche regnen soll, konnte man da gar nicht glauben (wollen).
Dann ging es wieder in den Wald. Die Wege waren dann nochmal spannender, da immer wieder riesengroße Pfützen den Weg in deiner gesamten Breite versperrten. Hmm, wie tief kann so eine Pfütze wohl sein? Aber auch hier ergaben sich durch die schon tief stehende Sonne wunderschöne Farbspiele.
Dann stand auf der Karte etwas von einem Bunker, den man besichtigen könnte, aber da es jetzt schon echt spät war, fuhr ich daran vorbei. Um dann kurz danach doch an einem Geocache zu halten, der ebenfalls in einem kleinen Bunker versteckt sein sollte. Das war schon ein bisschen komisch so abends alleine im Wald in so ein Erdloch einzusteigen.
Der Cache war zum Glück schnell gefunden, weiter ging’s. Langsam wurde es immer dunkler. Bei Sonnenuntergang kam ich dann aus dem Wald auf die Straße nach Swinemünde. Nur noch ein paar Kilometer bis zur Fähre über die Swine. Die fuhr glücklicherweise alle zwanzig Minuten. Beim Warten wurde ich wieder mal angesprochen, diesmal von einem älteren Herren – die üblichen Fragen. Aber sehr sehr nett. Er sprach ganz hervorragend Deutsch und holte gleich sein Handy heraus, um nach dem Wetter für mich zu schauen.
Über die Swine
In der Stadt musste ich erstmal neu navigieren und genau jetzt müssen natürlich die Batterien für das GPS den Geist aufgeben. Während ich die wechsle werde ich aber wieder sofort angesprochen, ob ich Hilfe benötige. Sehr freundlich! Trotz GPS biege ich an einem Kreisverkehr mit vielen Ausfahrten falsch ab. Als ich kurz anhalte, um neu zu navigieren, wechselt direkt vor mir ein Reh die Straßenseite. Verrückt. Kurz darauf kommt noch ein zweites. Mitten in der Stadt! Das Foto ist leider Mist.
Um Viertel vor acht komme ich am Hotel an, der Schlüssel liegt im Safe. Schnell duschen, ab zum Essen. Hoffentlich gibt’s noch was. Wow, Swinemünde ist die erste Stadt auf der Tour, in der ich schon mal war, aber sie ist kaum wiederzuerkennen. Da hat sich mal einiges getan!
Am Ende des Tages überlege ich, wie und ob es überhaupt weitergehen soll. Die Wettervorhersage für die nächsten Tage ist extrem bescheiden und feste Unterkünfte sind in Deutschland nicht in meinem Budget eingeplant, die sind einfach zu teuer. Warten wir’s ab, vielleicht habe ich ja doch noch etwas Glück. Das sollen nicht meine letzten 98 km gewesen sein!
Gesamtstrecke: 95713 m Gesamtanstieg: 483 m Gesamtzeit: 09:16:36
Obwohl ich relativ spät gefrühstückt hatte, kam ich wie immer um zehn los. Komoot und mein Kartenmaterial wichen erneut deutlich von einander ab. Mmh. Fährst Du mal nach Beschilderung, das wiederum ist näher an Komoot dran. Das GPS sagt das auch, dass das ein Radweg wäre. Nun gut. Und zum Glück war es dann auch so. Der Weg passte. Nur so richtig hell werden wollte es nicht. Die ganze Zeit so diffuses Licht, ich schätze mal aufgrund von Hochnebel.
Die weitere Strecke verlief auch gut und der Wind passte auch, es gab nämlich keinen. Dann folgte bei Mielno das erste Stück Fahrradautobahn im Wald, sehr nett. Und davon sollten heute auch noch mehrere folgen.
Dass man hier viele Deutsche auf den Straßen sieht, verwundert wenig, aber heute und gestern hab ich echt viele Segeberger gesehen. Witzig!
Dann wurde es langsam Zeit für eine kleine Mittagspause, war es doch schon Richtung 14:00 Uhr. Eigentlich wollte ich mir nur in einem kleinen Laden einmal kaltes Zuckerwasser zu meinem Donut holen, aber die Kühlschränke waren schon wieder alle aus. Das passiert mittlerweile häufiger. Vielleicht werden die ja auch nur in der Saison betrieben… Direkt nebenan war aber ein Restaurant und dort stand auch ein Reiserad. Das war doch viel interessanter als einmal lauwarme Cola. Also ging ich hinein und setzte mich, gibt’s halt mal mittags was Warmes. Während ich bestellte wurde ich dann auch schon angesprochen, ob ich auch ein Radfahrer wäre. Jupp, is‘ wahr. So lernte ich Ingrid kennen. Ingrid ist auf der Route von Lübeck nach Danzig unterwegs und so konnten wir dann ein paar Streckeninfos austauschen, weil jeder den Teil, den der andere noch fahren will, schon gefahren ist. Wie praktisch. Witzigerweise hatten wir auch heute genau den gleichen Plan – nur in umgekehrter Richtung natürlich. Sie hatte aber bereits genau die gleiche Erfahrung gemacht, es hat in Polen kein Campingplatz mehr geöffnet. Sie hat ebenfalls Kartenmaterial von Bikeline, nur ein anderes Buch. Aber obwohl unsere Bücher im gleichen Jahr erschienen sind, ist ihres deutlich dichter am ausgeschilderten Streckenverlauf. Was stimmt denn da nicht mit dem Verlag?! Ärgerlich sowas! Nach etwa einer Stunde wünschten wir uns noch eine gute Fahrt und fuhren davon. Wir hätten sicherlich noch länger ratschen können, aber wir hatten beide noch ein gutes Stück vor uns.
Am Meer entlang
Wie von Ingrid versprochen gab’s danach wieder fast nur Autobahn, oft genug auch am Wasser – großartig! Nach einiger Zeit kam ich dann nach Kolobrzeg (Kolberg), was deutlich größer war als ich angenommen hatte. Hier waren unglaublich viele Hotels und es war auch richtig was los im Park an der Promenade. Im Schwerpunkt Rentner, aber auch einige Familien mit Kleinkindern. Schnell raus da, das war mir zu wuselig. Auch die Aussicht auf einen Kaffee, den es dort reihenweise in den Cafés gab, ließ mich nicht anhalten.
An Ortsausgang fuhr ich an einer Kadettenschule oder sowas vorbei, auf jeden Fall waren da ganz viele junge Menschen im Donald Duck Kostüm und die hatten gerade ein Antreten. Leider habe ich noch nicht ganz herausgefunden, was das jetzt für eine Schule war.
Alles voll mit kleinen Fliegen
Nervig waren dann ab späterem Nachmittag diese kleinen schwarzen Gewitterfliegen. Das war teilweise wie Hagel im Gesicht und auf der Jacke. Dann fuhr ich noch an einer Schlange am Wegrand vorbei und dachte mir, hey, das tote Ding ist ja gar nicht so platt wie die anderen bisher. Dreh mal um, dann kannste noch’n Foto machen. Umdreht, Schlange weg. Aha… war wohl doch nicht so tot wie Du dachtest. Dürfte eine Ringelnatter gewesen sein.
Skulptur am Wegrand
Die Strecke blieb weiterhin Autobahn, so war es dann auch kein Hexenwerk, das angepeilte Ziel in Mrzezyno zu erreichen. Waren dann aber trotzdem wieder fast 101 km. Insgesamt ein schöner Tag.
Gesamtstrecke: 97229 m Gesamtanstieg: 357 m Gesamtzeit: 08:24:34
Zu normaler Zeit aufgewacht ging es runter zum Frühstück, wiederum in einem schön alt eingerichteten Raum. Dann zurück aufs Zimmer und die Route für heute festklopfen. Die Frage ist immer, wie weit weiche ich vom Kartenmaterial ab und wie und wann komme ich dann wieder zurück auf den „offiziellen“ Weg. Gar nicht so einfach manchmal.
Frühstüüück!
Die ersten 40 km waren wieder mehr Zurückführung auf den Iron Curtain Trail oder zumindest in seine Richtung – wieder einfach nur Landstraße fahren. Aber mit Sonne! Sehr angenehm! Einmal hab ich dann die Abzweigung verpasst, was mir dann einen Umweg von sieben, acht Kilometern einbrachte. Als ich dann an der Einmündung war, wusste ich auch warum. Lochplattenweg, sah aus wie eine Auffahrt zu einem Privatgrundstück. Die Lochplatten hörten aber zum Glück schnell auf und dann führte der Weg durch den Wald, ganz okay fahrbar.
Lochplatten
Dann kam ich irgendwann nach Ustka, wo ich eine ganz schnelle Mittagspause am Polo Markt einlegte. Dann war die Frage, ob ich den offiziellen Weg nehme oder nicht. Gestrichelte Linie oder lieber Straße? Hmm, ich entschied mich für Straße, hatte ich doch durch den Umweg schon genügend Zeit verloren.
Baustelle, immer nur abwechselnd fahren
Welch ein Irrglaube! Die neun Kilometer aus der Stadt raus waren komplette Baustelle! Ich durfte wieder an Ampeln stehen, weil der Verkehr auf der einspurigen Straße immer nur abwechselnd fahren durfte.
Blick zurück – schöne neue Straße, daneben wird auch gerade ein Radweg gebaut
Aber auch das ging vorbei und ich kam ich Jaroslawiec an, was das Minimalziel für heute war. Es lief aber gut und ich wollte auch noch bei Sonnenschein über die Nehrung fahren. Also weiter ging’s Richtung Westen. Bis zum Anfang der Nehrung war wieder Fahrradautobahn. Vom Feinsten! Auf der Nehrung war dann leider recht schnell wieder Lochplatte angesagt. Aber trotzdem toll darüber zu fahren. An der schmalsten Stelle könnte ich dann wirklich zu beiden Seiten Wasser sehen.
Auf der Nehrung – Wasser zu beiden Seiten
Zwischendurch gab’s immer wieder Stellen, wo sich der Strand den Weg zurückerobert hatte. Es ging dann nur noch schieben, zu weich war der Sand als dass man da noch hätte fahren können.
Strand 1 Weg 0
Nachdem ich zunächst dachte, dass ich zu spät wäre, da die Wolken doch schon wieder Überhand gewonnen hatten, kam dann doch noch die Sonne zurück. Schön, das Meer nochmal glitzern zu sehen, soll es doch bald eine ganze Woche regnen.
Kurz vor dem Ziel kam nochmal die Sonne raus
Dann kam ich in durch Darlówko (Rügenwaldermünde) und direkt danach nach Darlowo (Rügenwalde). Wie in der Werbung schon besungen „…wie das duftet…“, duftete es tatsächlich in der Stadt. Nur nicht nach geräucherten Wurstwaren, sondern nach Gras – also im Sinne von Shit. Ganz komisch. Die berühmte Mühle wurde in den achtziger Jahren bereits abgerissen, schade auch. Witzigerweise heißt die bekannte Teewurst hier bayerische Mettwurst – „Metka bawarska“, wer hätte das gedacht.
Ja, genau… mein Zeug da unten
Das Hotel hatte dann als Endspurt extra für mich ein Zimmer unter dem Dach im 2. Stock vorbereitet – schön wie die an meine Fitness denken! Hätte ich aber nach 117 km gar nicht mehr gebraucht.
Gesamtstrecke: 116262 m Gesamtanstieg: 722 m Gesamtzeit: 00:16:44
Schon wieder ein Tag um. Mittlerweile fliegen die Tage nur so an mir vorüber und verdutzt stelle ich das abends fest und überlege dann: was war heute eigentlich so los?
Richtig gut geschlafen habe ich, bis acht Uhr! Das Frühstück war sehr ordentlich, damit hatte ich nach dem unglücklichen Check-in gestern gar nicht gerechnet. Um zwanzig nach zehn war ich dann wieder unterwegs. Und der Wind war in meinem Team heute! Das sagte zumindest Windy (meine Wind-App). Und so war es dann auch. Alles eher ruhig und manchmal sogar ein bisschen Rückenwind. Hinzu kam, dass es ziemlich häufig bergab ging. So ging die Fahrt flott voran. Zu sehen gab es hingegen wenig bis gar nichts. Gegend halt.
Nachdem in der Karte schon stand, dass der eine oder andere Abschnitt nicht so gut wäre und man ggf. schieben müsste, entschied ich mich direkt für die Straßenvariante. War zwar optisch langweilig – es war auch den ganzen Tag durchgehend bedeckt und grau – aber ließ sich sehr gut fahren. Nachmittags kam ich dann in Leba an, wo ich mir den phänomenalen Stand anschaute. Der ist wirklich echt lang und breit. Und der Sand dabei sehr fein. Angeblich ließ Rommel hier für den Afrika-Feldzug trainieren. Um zu den bekannten Wanderdünen zu laufen, fehlte leider ein bisschen die Zeit, nach Westen wären es 9 km, nach Osten 5 km – beides zu lang – und bei dem grauen Himmel fehlte mir erst recht die Motivation.
Es war mittlerweile 15 Uhr durch und ich wollte meine Unterkunft reservieren, die ich mir morgens ausgeguckt hatte. Leider wurde da nur nichts mehr angezeigt. Wie blöd, wieder zu lange gewartet. Ich suchte eine Alternative. In dem Ort gab’s nur nichts weiter. Alle weiteren Vorschläge waren zu weit oder zu dicht dran. Mist. Dann doch nicht mehr noch weitere 29 km, sondern nur noch 14 km.
Ich kam am Hotel an und es wusste mal wieder niemand was von der Reservierung. Ob ich warten könne, dann würde ein Zimmer hergerichtet werden. Ich könne derweilen ja erstmal essen. Klar! So machen wir’s! Bei Booking stand zwar erst nur was von Frühstück in der Übersicht, aber später konnte ich im Buchungsvorgang – ohne Aufpreis – noch einen Haken bei Halbpension setzen. Einzelzimmer mit Halbpension für €26, ob das alles so richtig ist? Und das Essen war auch noch echt gut. Als Vorspeise gab es Nussuppe! Verrückt. Aber echt lecker. Nach dem Essen war mein Zimmer dann wie versprochen fertig – im zweiten Obergeschoss. So Treppen steigen nach dem ganzen Tag in die Pedale treten ist echt… anstrengend. Mein Fahrrad konnte ich für die Nacht in einen extra Raum bringen – im Hochparterre. Achja… der Otter hat immer noch einen Pfeil im Köcher… Aber genug geweint. Trotzdem ein richtig schön altes Hotel. Ich mag das.
Blick in das erste Obergeschoss
In der Summe ein unbeeindruckender Tag, an dem wenig Berichtenswertes passiert ist. Weitere 80 km auf der Haben-Seite.
Gesamtstrecke: 77244 m Gesamtanstieg: 463 m Gesamtzeit: 06:50:58
Da ich – wie schon so oft – das mit dem Nachtmodus am Handy falsch eingestellt hatte, wurde ich gegen halb sieben durch eine eingehende WhatsApp geweckt. Trottel – also ich. Aber irgendwie auch gut, denn so war ich echt zeitig fertig und hatte sogar noch die Chance, die Fähre in Danzig um 09:20 Uhr zu erwischen. Die hatte ich vorher schon ad acta gelegt – ich weiß ja, wie lange ich morgens brauche.
Allerbestes Wetter, Danzig zeigte sich von seiner schönsten Seite! Zum Anleger waren es nicht mal anderthalb Kilometer. An den Kasse nix los. Mmmh, oder fährt sie doch nicht? Doch. Ticket gekauft und die 600 m runter zum Schiff. Okay… Ich bin einfach nur spät. Da stehen ja schon bestimmt 80 oder mehr Leute. Es gibt nur eine schmale und recht steile Gangway, das wird spannend mit dem Flying Otter… Aha! Der kommt gar nicht da hoch, sondern auf’s Heck. Ohne Gangway. Hoch- bzw. rübergehoben. Nee, is‘ klar. Gut, Gepäck runter vom Rad, das soll mit mir die Gangway hoch.
Die Ausfahrt aus dem Danziger Hafen war definitiv eines der absoluten Highlights der ganzen Tour. Das war der Wahnsinn. So viele tolle Gebäude und Schiffe gesehen – und das bei dem Wetter!
Zuerst ging es dann nach Sopot (Zoppot), wo wir eine Zeit lang lagen, bis es dann rüber nach Hel ging. Vorher wurde nochmal reichlich ein- und ausgestiegen. Auch der Otter bekam Gesellschaft. War er in Danzig noch fast alleine, konnte er sich jetzt nicht über fehlende Gesellschaft beklagen.
Auf der Überfahrt nach Hel (auf Deutsch Hela – wie der Ketchup) gab’s sogar ein U-Boot zu sehen! Als wir in Hel anlegten war ich ein bisschen nervös, ob ich das Rad – schwer wie es nun mal ist – vernünftig entgegennehmen kann. Aber alles halb so wild, als ich das Schiff verließ, stand es schon da. Diesmal hatten sie hinten auch eine Gangway und waren zu zweit, da waren schon fast alle Räder runter als ich dann da war.
Erstmal musste ich Klamotten wechseln, es war richtig warm geworden! Sonnencreme dürfte auch nicht schaden. Alles wieder verzurrt, es konnte losgehen! Die Fahrt auf der Putzinger Nehrung war großartig. Die ersten neun, zehn Kilometer fuhr ich aber lieber auf der Straße, war doch der Fahrradweg daneben so voll und auch mehr Waldweg als alles andere. Danach besserte sich das deutlich! Jetzt gab’s wieder Fahrradautobahn direkt am Wasser.
Interessent war dabei zu sehen, wie unterschiedlich doch das Temperaturempfinden ist. Von kurze Hose, T-Shirt bis zur Daunenjacke mit Wollmütze hab ich alles gesehen.
Bei der Suche nach einem Campingplatz war ich wiederum glücklos. 15.09. war hier globales Einstellen angesagt. Zum Glück sind die Zimmer in Polen preislich echt fair. Unfair war dann nur fast eine Stunde auf die Vermieter warten zu müssen.
Nicht nur Campingplatz ist schwierig, Restaurant auch. Auch da hat nahezu alles geschlossen. Und das, was geöffnet hat, hat andere Öffnungszeiten. Ein Laden hatte zum Glück geöffnet und so gab’s noch was Warmes in den Bauch. Was zu trinken gab’s dann aber nicht mehr, wir schließen. Zwei Stunden früher als im Netz stand. Schade.
Da die Fahrt mit der Fähre insgesamt über drei Stunden gedauert hat, sind dann auch gar nicht so viele Kilometer zusammen gekommen heute. Knapp 57 müssten es gewesen sein.
Der erste GPS-Abschnitt beinhaltet die Überfahrt mit der Fähre:
Gesamtstrecke: 40670 m Gesamtanstieg: 63 m Gesamtzeit: 03:39:26
Nach dem Aufenthalt im Pokoje Mariola ging’s dann heute morgen zunächst in das Museum und die Gedenkstätte des Konzentrationslagers Stutthof. Es war das erste KZ, das fertig gestellt wurde und wohl das letzte, das befreit wurde.
Es ist ganz gleich, wie viele KZ man sich schon angeschaut hat oder was man glaubt zu wissen – es ist jedes Mal aufs Neue erschütternd.
Da das Lager deutlich größer war als von mir erwartet und die Ausstellung sehr umfangreich ist – wenn auch leider in manchen Teilen ausschließlich auf Polnisch gehalten – kam ich wesentlich später dort los als gedacht. Der Besuch war aber sehr lohnenswert!
Schwimmende Brücke über die Weichsel
Nach einer kurzen Mittagsrast in Stegna ging es weiter in Richtung Danzig. In Mikoszewo querte ich dann die Weichsel. Danach war der Euro Velo 13 absolut hervorragend beschildert und ausgebaut. Das war schon wieder wie ein Fahrrad Highway!
Zunächst fuhr ich durch ein Industriegebiet am Stadtrand von Danzig. Hier eine riesengroße Raffinerie oder sowas in der Art, dort Autohändler. Was ganz schnell klar wurde dabei: Danzig ist groß. Zusammen Sopot und Gdynia hat die Metropole über eine Million Einwohner.
Grüne Brücke
Dann erreichte ich die Altstadt und war absolut geplättet. Wow! Danzig trägt den Titel „Perle der Ostsee“ nicht umsonst! So viele schmale hohe Häuser, die schon fast klischeehaft das Bild einer Hansestadt wiedergeben. Und viele wunderschöne andere alte Gebäude und Kirchen.
Im Hotel gab’s leider keinen Platz im Gepäckraum oder so für den Flying Otter und so musste er mit aufs Zimmer. Also auch mit in den kleinen Fahrstuhl. Das war durchaus etwas spannend, hat aber geklappt.
Dann ging’s zu Fuß los die Altstadt erkunden. Und der erste Eindruck wurde reihenweise bestätigt – Danzig ist großartig anzuschauen! Gefällt mir richtig richtig gut! Ich bin ein bisschen verliebt und weiß jetzt schon, dass ich hier auf jeden Fall nochmal mit mehr Zeit hin muss! So blieb zum Beispiel gar keine Zeit, das European Solidarity Center zu besuchen. Es ist aber trotzdem toll hier zu sein. In der Stadt, in der vor 30 Jahren mit der Solidarnośc-Bewegung das Ende des Ostblocks mit eingeläutet wurde.
Thomas in Danzig
Es war zwar erst 18:00 Uhr, aber ich entschied mich dazu, gleich etwas zu essen, denn noch sah es überall so aus, als ob es noch hinreichend genügend Plätze geben würde. Wer weiß wie lange das anhält. Über TripAdvisor suchte ich ein Steakhaus und lief los, um es zu suchen. Als ich da war, dachte ich, dass es geschlossen hätte. Auf den zweiten Blick sah ich aber, dass es geöffnet hatte, die Inneneinrichtung war nur sehr dunkel gehalten und es war noch kein Gast da. Ob das jetzt ein gutes Zeichen war? Die meisten Tische waren reserviert und ich bekam scheinbar den letzten freien Tisch – obwohl niemand da war! Nach und nach füllte sich der Laden aber und war dann wirklich komplett voll. Schwein gehabt! Kurz nach mir wurden die ersten Gäste, die fragten, ob noch etwas frei wäre, auch direkt wieder abgewiesen.
Danach lief ich noch ein bisschen durch die Stadt und machte ein paar Fotos. Was für ein abwechslungsreicher Tag! Zwar nur bummelig 44 km, aber trotzdem fordernd – für den Kopf!
Gesamtstrecke: 44236 m Gesamtanstieg: 182 m Gesamtzeit: 06:45:16
Um 11:00 Uhr sollte die Fähre über das Frische Haff nach Krynica Morska gehen, also sollte ich nicht zu viel Zeit vertrödeln heute morgen. Bis nach Tolkmicka, wo die Fähre ablegt, sind es gut 17 km. Halb zehn los reicht locker. Früh genug hoch war ich auch, dem Hund, der seit dem Morgengrauen irgendwo vor meinen Fenster bellte, sei Dank.
Blick aus meinem Zimmer in Frombork
Mehr als pünktlich konnte ich starten, es war sogar erst 09:18 Uhr. Direkt gegenüber vom Hotel ist die beeindruckende Kathedrale Mariä Himmelfahrt und St. Andreas gelegen, davor steht das Nikolaus Kopernikus Denkmal. Das schaute ich mir noch schnell an. Dabei entdeckte ich, dass direkt daneben der Green Velo längs führte. Okay, schnell die App gecheckt, den Weg kannst Du auch nehmen. Sehr gut, der ist bestimmt etwas weniger langweilig als die Straße.
Auf dem Green Velo durch den Wald
Und so war es dann auch. Sehr schön im Wald gelegen, aber Alter Schwede! Das ging mal gut gut rauf und runter. Mmmh, ist auch weiter als gedacht. Okay, Motor rein. Was für ein Spaß! Durchaus flott ging es jetzt die Hügel rauf und runter, das mit 11:00 Uhr sollte jetzt wieder lösbar sein. Um zwanzig vor kam ich am Hafen an und suchte die Fähre – und fand sie nicht. An der Schranke standen Zwei, die gerade aus dem Hafenbüro kamen. Auf meine Frage, wo denn die Fähre fahren würde, kam als Antwort nur „no today!“. Da hatte ich mich echt drauf gefreut, dass ich auf der Nehrung fahren würde und dann das! Niedergeschlagen setzte ich mich auf die nächste Parkbank und bastelte mit wenig Motivation einen Plan B. Lustlos fuhr ich los und, um das Bild zu vervollständigen, fing es dann nach fünf Minuten auch an zu regnen.
Auf’m Deich
Ich fuhr gerade auf einer Küstenplattenstraße auf so einer Art Mini-Deich. Keine Bushaltestelle, kein Baum, einfach nix, was gerade vor der Nässe schützen würde. Super. Läuft bei mir. Ergänzt wurde die Freude im Anschluss durch das Kennenlernen der Wellblech-Oberfläche in der polnischen Küsten-Edition.
Wellblech 2.0
Irgendwann kam ich dann nach Elblag (Elbing), wo ich zunächst auf ziemlich großes Einkaufszentrum traf, an dem ich dann auch anhielt. Kurz durch den Mediamarkt gecruist und dann noch zur goldenen Möwe als Mittagspause. Zusätzlich gab’s dort einen wirklich großen Supermarkt, an dem ich endlich einen Flicken für meine Hose fand.
Turn in Elblag
Dann ging es quer durch die Stadt zurück auf Kurs Küste. Die Altstadt hat mir richtig gut gefallen. Ganz viele alte Häuser wurden modern renoviert, ohne dabei ihr Wesen zu verlieren. Echt schick!
Altstadt in Elblag
Jetzt sollten es noch gut 35 km bis zum Campingplatz sein. Leider hatte ich im Zuge geistiger Umnachtung bei Komoot vergessen bei der Routenplanung wieder auf Rennrad zu stellen – denn nur so klammert er die ganzen „Wege“ aus und nutzt ausschließlich Straßen. In der Folge hatte ich dann auch wieder einen ganz sensationellen Abschnitt dabei.
Mitten in der Pampa löste sich auf einmal mein linker Pedalarm und fiel ab. Einfach so. Ich hielt an, um mir das anzusehen. Die Schraube, die den Arm am Tretlager hielt, fehlte. Großartig. So eine hast Du natürlich nicht dabei. Ich machte mich auf den Weg zurück – zu Fuß. Vielleicht hätte ich ja Glück und finde sie wieder. Schwarz, im Gras links und rechts des Plattenwegs. Genau. Wovon träumst Du eigentlich nachts?! Ich ging bestimmt 100 m zurück und fand sie nicht. Also drehte ich wieder um in Richtung Fahrrad – und fand die Schraube! Fünf Meter hinter dem Flying Otter lag sie! Ich Glücksschwein! Ordentlich fest verschraubt konnte es endlich weitergehen. Jetzt war es schon wieder vier und immer noch 31 km! Und die Wetterlage wurde auch nicht besser.
Ich kam noch an der einen oder anderen kleinen Ortschaft vorbei auf meinem Weg nach Stegna. Bemerkenswert sind wirklich oft die Kirchen, die man dort sehen kann. Die Friedhöfe hingegen sind jedesmal beeindruckend, da sie immer mit unglaublich vielen Blumen und Kerzen geschmückt sind.
Dann kam ich um 18 Uhr in Stegna an. Dort sollte es zwei Campingplätze geben. Bei dem ersten hatte ich schon im Internet gelesen, dass er wohl nur bis zum 15. September geöffnet hätte. Somit fuhr ich zuerst zu dem anderen Campingplatz. Dieser war komplett verrammelt und verriegelt, also fuhr ich zu dem zweiten in der Hoffnung, dass dieser ja vielleicht doch geöffnet haben könnte. Fehlanzeige. Also wieder das Handy rausgekramt und über Booking nach einer Alternative gesucht. In Sztutowo wurde ich fündig, das waren dann zwar noch einmal 5 km mehr, aber morgen wollte ich sowieso in diesen Ort fahren, da sich dort das Museum zum KZ Stutthof befindet. Schlussendlich spart mir das dann morgen wieder Zeit.
Da ich so kurzfristig gebucht hatte, wussten die Vermieter noch gar nicht, dass sie heute Abend einen Gast hätten. Trotzdem wurde ich sehr herzlich in Empfang genommen. Weil ich der einzige Mieter war, konnte ich mir das Zimmer frei aussuchen. Das war sehr praktisch, denn so musste ich nicht in den ersten Stock, sondern konnte im Erdgeschoss bleiben und musste meinen Gepäck nicht die Treppe hoch schleppen. Auf meinem Zimmer habe ich einen Wasserkocher, folglich stand den Plastik-Nudeln nichts im Wege. In der Küche entdeckte ich dann ein Bügeleisen, damit konnte ich dann sogar meinen Flicken direkt noch auf die Hose klatschen. Hervorragend!
Jetzt sitze ich auf der Couch, lasse diesen doch eher verrückten Tag Revue passieren und schreibe diese Zeilen. Durch den nicht eingeplanten Umweg über Elblag und das Suchen einer Unterkunft, was länger gedauert hat als geplant, sind es dann doch wieder fast 95 km geworden. Morgen geht es dann nach Danzig!
Gesamtstrecke: 91336 m Gesamtanstieg: 279 m Gesamtzeit: 05:48:22
Trödelig, irgendwie war ich heute morgen trödelig. Dafür, dass ich schon um zwanzig vor sieben wach war, bin ich trotzdem erst drei Stunden später auf dem Rad gewesen – und ich brauchte kein Zelt zusammen legen.
Der Blick aus meinen Fenster offenbarte, dass ich Aussicht auf den Marktplatz hatte, der aber gerade komplett neu gemacht wird. Das sieht bestimmt irgendwann mal richtig gut aus.
Komplette Baustelle
Das Fahren lief dann aber echt gut. Knapp die Hälfte sollte es eher bergauf gehen, aber dann hinab Richtung Küste. Erst der Fleiß, dann der Preis… Der Wind war deutlich gemäßigter, da war auch das bergauf fahren okay. Die Vorhersage hatte sich dann nochmal dahingehend verändert, dass es nun nachmittags wieder ganz normal ordentlich winden sollte. Nun denn. Danke für nix.
Górowo-Ilaweckie
Kurz nach Górowo war es soweit. Der höchste Punkt des Tages, ab jetzt beginnt das süße Bergabfahren! Da Schnaps weder vorhanden war noch sinnvoll gewesen wäre im Straßenverkehr, gab’s somit einen Gipfel-Donut! Keine Berge mehr – das ist mein persönliches Bergfest!
Der höchste Punkt – völlig unspektakulär
Dachte ich. Erstmal ging es trotzdem immer noch bergauf, zumindest immer mal wieder. Da ich die „Berg-Etappe“ ohne Motor gefahren bin (Ego-Idiot), merkte ich meine Knie jetzt richtig gut. Das war wohl etwas viel des Guten. Dann kam eine erste Husche, die war unter einem Baum aber schnell ausgesessen, schließlich dauerte sie auch nur fünf Minuten. Etwas später kam die zweite und ich hielt wiederum unter einem Baum an. Schnell war klar, dass das diesmal nicht reichen würde. Immer noch besser als nix, aber interviewe doch mal Google, vielleicht ist da eine Bushaltestelle in der Nähe. Und was für ein Glück! In einem Kilometer Entfernung war sogar so ein Unterstand vom Green Velo Radweg!
MOR am Green Velo
Dieser Regen dauerte dann auch knapp eine Dreiviertelstunde, welche ich dafür nutzte eine Unterkunft zu suchen. Weiter ging’s. Und ab dann nahm das Drama seinen Lauf. Bergab ging’s nicht so richtig, war eher flach. Der versprochene Gegenwind war da und fraß jeden Winkel nach unten wieder auf. Viel schlimmer war aber, dass die letzten 30 km eine komplette Baustelle waren. Immer wieder einspurig im Wechsel. Der neue Asphalt ist zwar absolut super, aber wir ich weiß nicht, an wie vielen Ampeln ich heute stand.
Anstrengend war dabei, dass man nie wusste, wie lange ist jetzt diese einspurige Strecke und wie lange ist die Ampelphase – sprich: schaff ich das? Das war jedes Mal Stress. Erst an der Ampel stehen und warten – gerne auch mal fünf Minuten plus – und dann volles Rohr reintreten. Hört sich wahrscheinlich alles weniger schlimm an als es für mich tatsächlich war. Gepaart mit dem Gegenwind reichte die Situation völlig aus, um mich wirklich zur Weißglut zu bringen.
Katharinen-Kirche in Braniewo
Irgendwann kam ich dann in Braniewo an und hielt nochmal kurz beim Supermarkt. Man merkte, dass die Grenze nicht so weit weg war, standen doch viele Autos mit russischem Kennzeichen vor dem Markt.
Dann waren es zum Glück nur noch 11 km bis zur Unterkunft. Aber auch diese waren nahezu komplett Baustelle – inklusive Ampeln! Der pure Hass!
Drei Kilometer vor dem Ziel
Angekommen bei der Unterkunft stellte sich heraus, dass die Küche im Restaurant noch zwanzig Minuten geöffnet hätte. Okay, dann her die Karte, erst Essen bestellen, ich lad den Otter halt gleich erst ab. Dann gleich noch gefragt, ob die Fähre auf die Nehrung jetzt im September noch fahren würde und eine postive Antwort erhalten. Sehr cool. Im Netz hieß es nämlich, dass am Saisonende Schluss wäre, also Ende August. Ich muss zwar erst nach Tolkmicka, was in 17 km Entfernung liegt, aber ich komme rüber. Das freut mich sehr!
Ich freu mich auch über die 97 km und darüber, dass ich jetzt fertig bin mit meiner Umrundung der russischen Exklave und nun wieder auf dem Iron Curtain Trail bin.
Leider viel zu spät begonnen, aber unter folgendem Link könnt Ihr schauen, welche Stationen ich so angefahren bin in letzter Zeit. Die vollständige Route pflege ich nach, wenn ich wieder zuhause bin.
Das Frühstück war gar nicht so schlecht wie gestern behauptet wurde, es war durchaus reichhaltig und auch eine ganz gute Auswahl. Es gab so eine Art Schmalzgebäck, das war großartig. Was leider gar nicht großartig war, waren die Heiß-Getränke. Da stand ein Samowar mit Heißwasser und daneben Teebeutel – soweit okay – und Pulverkaffee. Der ging gar nicht. Also so richtig gar nicht. Das war glaube ich der schlechteste Kaffee meines Lebens. Dann dachte ich mir, okay, dann noch ein Tee hinterher, aber die Beutel waren alt. Auch gruselig. Naja, First-World-Problems…
Durch den Guss gestern Nachmittag und das Verschieben des Besuchs der Wolfsschanze auf heute morgen kam dann – wie vorher schon geahnt – gegen neun die Nachricht von Maik, dass er noch frühstücken würde, aber dann zeitnah an der Wolfsschanze wäre. Als ich den Flying Otter packen wollte, fing es an zu regnen. Super. Zum Glück gab’s einen offenen Anbau mit Dach, da konnte ich trocken weiter packen. Der Regen wollte nicht aufhören, also zog ich meine Regen-Klamotten an. Half ja nix. Und es kam natürlich wie es kommen musste, gerade angezogen, hörte der Regen natürlich auf.
Nördlich der Eisenbahnlinie ist der Anteil, der sich besichtigen lässt
Bei der Anlage angekommen wurde ich schon von Maik begrüßt. Schnell noch die Lenkertasche weggeschlossen und dann gingen wir auch schon direkt los, vielleicht konnten wir vor den Massen laufen, die da gerade busweise angekarrt wurden. Das funktionierte zum Glück ganz gut.
20. Juli 1944 – die Überbleibsel der Baracke
Seht nachdenklich machte mich der Ort, an dem am 20. Juli 1944 das Attentat durch Oberst Claus Schenk Graf von Stauffenberg scheiterte. Da setzt im Kopf sofort die Was-wäre-wenn-Maschine ein. Welch denkwürdiger Ort.
Wir gingen weiter und er lässt sich eigentlich gar nicht richtig beschreiben, dieser Ort. Diese Massen an Beton, die in diesem Wald zerstört liegen wie das nicht mehr gewollte Spielzeug eines Riesen und die nun wieder von der Natur verschluckt werden, wirkten völlig surreal.
Bereits nach wenigen Bunkern bzw. deren Resten kam jemand auf uns zu, der dann auch sogleich herzlich von Maik begrüßt wurde. Es war Roman, Maiks Host aus Kaliningrad, der mittlerweile ebenfalls auf Radtour durch Masuren unterwegs war. Witzig, nun liefen wir also zu dritt durch die Anlage, während der Regen immer stärker wurde. Eine Zeit stellten wir uns in ein paar Bunkertrümmern unter, gingen dann aber weiter. Den Schwerpunkt hatten wir gesehen und im Restaurant ist es bestimmt wärmer. Da harrten wir dann gemeinsam aus, bis der Regen vorbei war. Romans Wetter-App meinte, dass das gegen zwei der Fall wäre. Im Restaurant konnte man derweilen durchaus interessante bis merkwürdige Menschen beobachten. Die Gesinnungsfrage durfte man dabei glaube ich nicht jedem stellen…
Maik, Roman und ich im Restaurant
Da Radfahrer immer Hunger haben und essen können, gab’s für uns alle drei noch eine ordentliche Nachspeise. Kurz vor zwei machten wir uns dann aber auf den Weg zu den Rädern. Die Regen-Klamotten konnten erstmal wieder verstaut werden. Relativ kurz und schmerzlos ging der Abschied von statten, war doch gestern schon alles gesagt worden, was gesagt werden sollte. Von dem Tor gingen drei Wege weg und es war tatsächlich so, dass wir drei jeder einen anderen davon nahmen. Dieses Mal gehe ich nun tatsächlich davon aus, dass wir uns sehr lange Zeit nicht mehr sehen werden. Mein Weg geht nun ohne weitere Umwege weiter Richtung Küste, Maiks Richtung Südosten ins Landesinnere und Romans mehr Richtung Osten.
In Rastenburg
Nach wenigen Kilometern war ich in Ketrzyn (Rastenburg), wo mich ganz unerwartet der Flying Otter im Stich ließ. Ich schaltete in einen höheren Gang, aber es ging leichter zu treten. Häh? Noch ein Gang, noch leichter. Und irgendwie passiert hier gar nichts mehr. Du trittst, aber die Kette bewegt sich Null. Ach, Du Sch… was das denn? Getriebeschaden? Erstmal googlen und YouTube Videos anschauen. Du hast ja einen Schutzbrief… Rufst Du da jetzt an? Hmm, um die Ecke wäre auch ein Fahrradladen… Hinschieben? Neue Idee: schau doch erstmal nach am Motor, vielleicht kannst Du ja was sehen… Facepalm – okay die Kette ist am Motor runter. Wieder drauf gesetzt und – ist das verrückt! – jetzt geht’s auch wieder. Mmh, aber warum ist das passiert? Die Kette sieht echt siffig aus, dabei hast Du die doch gestern morgen erst ganz gut gereinigt. War der Ritt durch die Pampa gestern Nachmittag wohl doch etwas viel. Naja, Hauptsache läuft erstmal wieder… Jetzt aber los, es sind immer noch 46 km oder anders formuliert: eigentlich stehst Du noch auf Start und es ist jetzt schon vier.
Sieht gut aus so eine Wolke, kostet aber jedes Mal ein paar Grad
Die ersten acht Kilometer waren ganz okay, aber dann gab’s zur Erinnerung nochmal 38 km nahezu gerade Strecke komplett gegen den Wind. In Ketrzyn zeigte ein Thermometer 13°C an. Gegen den Wind ist das nochmal ein gutes Stück weniger. Besonders eklig wurde es immer, wenn sich eine Wolke vor die Sonne schob. Ich hab gefroren wie ein Schneider.
Manchmal lohnt sich auch der Blick zurück
Witziges Erlebnis während dieser wenig witzigen Fahrt war, dass ich einen kleinen Trecker oder Minibagger überholt habe. Der fuhr so gut zwanzig und ich eher so vierundzwanzig. Haha, zack! Überholt!
Dramatik pur
Beeindruckend war während der Fahrt aber der Himmel, der eine durchaus dramatische Szenerie darbot. Ein, zweimal musste ich dann auch anhalten, um ein paar Fotos zu schießen. Als dann der kleine Trecker schon wieder ankam, wurde die Fotosession beendet – der überholt mich nicht!
Schön, aber kalt
Dann kam ich in Bartoszyce (Bartenstein) an und hielt noch einmal kurz am Supermarkt, wo ich direkt von zwei Mitmenschen begrüßt wurde mit der Aussage, dass sie jetzt dann fünf Zloty bräuchten. Aha. Hier sind zwei, wenn ich wieder rauskomme gibt’s den Rest – um mein Fahrrad brauchte ich mir derweilen keine Sorgen machen.
Im Hotel das übliche Procedere aus duschen und essen und dann den Blog schreiben. Jetzt sitz ich in meinen Zimmer am offenen Fenster und frage mich, wieso ich draußen immer Schüsse höre. Zwar in einiger Entfernung, aber trotzdem merkwürdig.
Das war jetzt der dritte unterdurchschnittliche Tag in Folge mit knapp 58 km. Aber ab morgen soll der Wind eigentlich weniger werden. Warten wir’s ab.
Gesamtstrecke: 63115 m Gesamtanstieg: 365 m Gesamtzeit: 09:22:47
Die innere Uhr hat gut funktioniert und so bin ich dann auch schon um zwanzig vor sieben aufgewacht und hab dann angefangen, alles zu packen. Die Wäsche – oder der Wind – war gnädig und es war alles doch schon recht trocken. Ein T-Shirt war noch sehr klamm, aber nun gut. Viel ärgerlicher war, dass mir eine Socke abhanden gekommen ist. Hab ich bestimmt auf dem Weg zur Waschmaschine verloren. Alles zweimal abgesucht, weg. Entweder hat einer der vorbildlichen deutschen Camper (sorry für’s Klischee) die direkt weggeschmissen (Was macht die denn hier?! Eine einzelne Socke? Das ja Quatsch!) oder aber es war eine der beiden Katzen, die da herum gestreunt sind. Schade, die hatte ich gerade erst gekauft und die waren echt gut. Zum Glück war’s eine Doppelpackung.
Pünktlich halb neun hatte ich alles verpackt. Zehn Minuten später war Maik dann auch da und wir fuhren hinunter in die Stadt zum Frühstücken. Es hatte fast noch alles zu. Eine Bäckerei, eigentlich mehr Konditorei, hatte zum Glück schon geöffnet. (Bei so vielen deutschen Touristen hätte ich mit mehr gerechnet… nochmal sorry für’s Klischee!)
So saßen wir zusammen in dieser Konditorei und tauschten uns über unsere Erlebnisse der letzten paar Tage aus. Es waren ja nun nicht so viele Tage, aber wir erzählten und erzählten, fast zwei Stunden lang. Wir hatten beide keine großen Strecken vor uns und somit machte das auch nichts. Das einzige, was drückte, war der bevorstehende Regen. Ursprünglich dachte ich, dass wir gemeinsam zur Wolfsschanze fahren würden, aber heute war Champions League. Dortmund gegen Barcelona konnte sich Maik auf keinen Fall entgehen lassen und das funktioniert nur in einer größeren Stadt, wo es auch eine Sportsbar gibt. Nachvollziehbar und richtig entschieden, mein kleiner Röhrenfernseher in meinem Zimmer hier zeigte auch gerade nicht so viel an.
Dann war der Zeitpunkt gekommen und unsere Wege trennten sich wieder einmal. Aller Voraussicht nach bis auf weiteres. Aber wer weiß? Das dachten wir jetzt schon mehrfach. So fuhr er an der Kreuzung nach links, ich nach rechts. So long, farewell!
Es war schon etwas bedeckter, aber immer noch alles okay und ich fuhr mit leichtem Rückenwind durch Masuren, immer noch eine bezaubernde Landschaft.
Der Flying Otter lief gut, alles okay, ging gut voran. Dann hatte Komoot die erste Wellblech-Oberfläche für mich parat. Die Rillen waren so heftig, dass es mir glatt das Gepäck vom Gepäckträger warf. Respekt! Während ich wieder alles neu verzurrte, kamen zwei Polen in ihrem SUV dazu und fragten, ob alles okay wäre. Danke, nix passiert! Sie erzählten, dass ihnen das Feld an diesem Weg gehören würde – und dass man da fast besser drauf fahren könne als auf diesem Weg. Jupp, gehe ich mit. Danach folgten hauptsächlich „normale“ Straßen und es ging weiter gut voran. Ungefähr bei der Hälfte meiner Strecke war ich in Ryn (Rhein) und kam am gleichnamigen Schloss und Burg vorbei. Sehr imposantes Gebäude, was auf den Deutschen Orden zurückgeht wie vieles in dieser Region.
Schloss und Burg Rhein, die andere Seite hat eine ganz tolle Klinkerfassade
Direkt danach war es soweit und ich konnte mich über zweitausend gefahrene Kilometer freuen. Das ist schon ein tolles Gefühl, gerade wenn man auf jeder eiskalten Gegenwindstrecke denkt, dass man völlig benagelt sein muss, sich sowas anzutun. Die Freude währte ungefähr drei Minuten, dann fing es an zu regnen. Fairerweise kam nach zweihundert Metern eine Bushaltestelle MIT Wartehäuschen. Da konnte ich dann meine Regensachen anziehen und weiterfahren. Der Regen ließ auch ganz schnell nach und zwischenzeitlich kam sogar die Sonne wieder hervor.
Dann fing es wieder an und ich dachte mir, egal, nur noch gut fünf Kilometer, dann bist Du da. Da vorne noch einmal abbiegen und dann nur noch dem Weg folg… Euer Ernst?! Das war einfach kein Weg, das war Piste. Anfänglich. Dieser „Weg“ hatte einige Überraschungen parat.
Das war noch mit das beste Stück von dem Weg!
Über Sand (etwas angefeuchtet, klebt gut an den Reifen), Feldweg mit Schlaglöchern, bergauf, bergab, Brennnesseln auf Lenkerhöhe bis hin zu riesengroßen Steinen, die das ganze zu einem Feldwegkopfsteinpflaster werden ließen, war einfach alles dabei. Zum Glück ließ der Regen nach. Nach einer Weile – leicht später als erwartet – kam ich bei der Wolfsschanze an. Mir kam direkt ein altes Militärfahrzeug entgegen, inklusive komischer Menschen darauf. Naja. Zuerst anschauen oder zuerst ins Hotel, Sachen wegbringen? Der Regen entschied auf erst Sachen wegbringen. Okay, das Hotel ist ja nur 800 m entfernt, fährst Du später hin. Sollte nicht so sein. Immer wieder Regen, somit habe ich den Besuch auf morgen früh nach dem Frühstück verschoben.
Dann bin ich runter ins Restaurant zum Essen – einziger Gast, schon schräg… Das Essen war okay und kurz bevor ich fertig war, kann noch ein deutsches Pärchen zum Essen. Ein Polizist aus Thüringen mit seiner Frau. Auch mit den beiden habe ich dann noch bestimmt eine halbe Stunde gequatscht.
Auch wenn das nur 44 km heute waren, ich bin hinreichend müde. Morgen etwas Bildung und dann zurück weiter Richtung Küste!
Gesamtstrecke: 44215 m Gesamtanstieg: 416 m Gesamtzeit: 06:24:04
Maik hatte mich gestern Abend noch angetextet und mir seine Route durchgegeben. In der Folge versuchte ich nun, da etwas Kompatibles draus zu stricken, so dass wir unsere Verabredung – Wir sehen uns in Polen! – tatsächlich einhalten könnten. Gleichzeitig sollte weder heute noch morgen wieder so ein Gewaltritt werden wie gestern. Etwas hin, etwas her… ja, so könnte es gehen. Heute also von Nord nach Süd durch Masuren, um dann morgen zur Wolfsschanze fahren zu können – und zwar so, dass auch Zeit ist, sich die anzuschauen. Alles gepackt, raus aus der Stadt!
Fahrrad-Servicestation am Stadtrand
Ganz großartig fand ich die Servicestation für Fahrräder am Stadtrand. Die stand neben einer riesengroßen Tafel, welche Radwege es denn so gäbe. Da konnte ich meine Reifen mal mit einem Manometer prüfen und oha! Da geht ja doch nochmal ganz gut was rein. Komisch, danach rollte der Flying Otter auch direkt besser…
Einer der unendlich vielen Seen
Leider gab es an Anfang ständig Sprühregen, nix dolles, aber einfach schade. Ich habe Alleen dabei noch mehr zu schätzen gelernt als vorher. Da konnte ich immer mal wieder stoppen, um der Feuchtigkeit zu entgehen. Nach einer Weile kam ich in Gizycko (Lötzen) an, was einer der touristischen Hotspots der Masuren ist. Heute eher nicht so. Dafür stiebitzte die Sonne ein bisschen hervor.
Am Strand in Lötzen
Zuerst hatte ich mir gedacht, dass ich da dann eine ausgiebige Mittagspause mache, so dass abends Plastiknudeln reichen. Das erste angelaufene Strandcafe hatte direkt zu und ich direkt keine Lust weiter zu suchen. Also kurz was aus dem Rucksack und weiter geht’s.
Schwenkbrücke in Lötzen
Erst musste ich jedoch warten bis die Schwenkbrücke offen hatte. Glück gehabt! Nur sieben Minuten warten, das hätte auch anders ausgehen können… Ein sehr interessantes Schauspiel, wird die Brücke doch noch komplett per Hand betrieben. Also sowohl das Schwenken als auch die Schranken auf beiden Seiten – das dauerte ganz schön, bis der arme Mann da fertig ist.
Ein weiterer der auf dem Weg
Im Anschluss ging es weiter nach Mikolajki (Nikolaiken), welches an einem Arm des Śniardwy (Spirdingsee) liegt, der der größte der masurischen Seen ist. Nicht jedoch ohne dass mich der Kollege Wind erinnert daran erinnert hätte, dass er noch da ist und dass ich das, was ich vormittags von ihm verpasst hätte, jetzt bitte konzentriert nachholen dürfe. Das waren nun die letzten 20 Kilometer, das hätte er sich schenken können. Echt. Zum Glück konnte ich mir heute immer wieder das Grinsen ins Gesicht zurückbringen, indem ich an dieses Glas Tomatensauce im Supermarkt dachte: Sos Bolonski. Herrlich.
Fußgängerbrücke in Mikolajki
Der Campingplatz war dann schnell gefunden, dank der der Beschilderung im ganzen Ort – ADAC geprüfter Camperplatz! Und so war es dann auch. Nur Wohnmobile und nur Deutsche. Okay… Nachtruhe ist um zehn. Easy, hier ist seit sieben der Hund begraben.
Dann schnell zum Supermarkt, essen und Waschmittel kaufen, denn hier gibt’s eine Waschmaschine, deren Nutzung nichts kostet. Cool. Jetzt hab ich zwar meine nasse Wäsche im Dunkeln aufgehängt, aber vielleicht habe ich ja Glück und der Wind kooperiert. Zum Essen gab’s Tortellini mit Käse-Sahne-Sauce, selber gekocht, sehr lecker. Nur zu viel – stand ja auch drauf für zwei Personen, Idiot!
Mittlerweile hat Maik sich gemeldet, er ist nur noch eine Stunde entfernt und holt mich somit morgen früh ab, klasse! Morgen Nachmittag soll es regnen, aber zur Wolfsschanze sind es nur 40 km, da sollten wir vorher da sein. Heute waren es übrigens auch nur 65 km. Übermorgen geht’s dann zurück auf den Green Velo und damit weiter Richtung Heimat.
Gesamtstrecke: 64260 m Gesamtanstieg: 444 m Gesamtzeit: 06:06:02
Während ich gestern im Zelt am bloggen und texten war, bemerkte ich, dass es irgendwie gar nicht richtig dunkel wird. Ein Blick nach draußen lüftete das Geheimnis – ich hatte mein Zelt direkt unter einer Laterne aufgebaut. Naja, das Zelt umsetzen kam dann auch nicht mehr in Frage. Hinzukam laute Musik von… mmh, ja von wo denn eigentlich? Hörte sich ein bisschen nach gegenüberliegendem Ufer an. Oder doch mehr südlich? Keine Ahnung…
Ready to go!
Obwohl ich mit kurz nach zehn früh im Bett war, schlief ich recht lange, nämlich bis zwanzig vor Acht, war wohl nötig. Alles gepackt, dann ging’s los. Nicht jedoch ohne noch einmal die interessanten Skulpturen zu begutachten, die unweit der Rezeption aufgebaut waren.
Davon gab’s da Hunderte!
Es waren nur wenige Kilometer bis zur polnischen Grenze und auf dem Weg lagen noch zwei Geocaches in Litauen. Da muss doch was gehen! Am ersten Punkt habe ich gesucht und gesucht. Nichts gefunden. Das gibt’s doch nicht! Nochmal neu angesetzt und dann – tada! – hatte ich ihn. Über eine halbe Stunde gesucht… irre.
Dann kam ich direkt danach an dem zweiten Campingplatz vorbei. Da fand irgendeine Fahrrad-Veranstaltung statt. Reichlich Leute in Trikots, Nummern an den Rädern – vielleicht kam da gestern die Musik her. Vielleicht wäre es auch deutlich lustiger gewesen da zu nächtigen – der Kopf sagt aber: alles richtig gemacht.
Ja und dann, dann war ich über die Grenze gefahren. Ganz unspektakulär. Ein kurzer Abstecher zum Grenzstein am Dreiländereck sollte aber nicht fehlen. Das war nochmal durchaus spannend. Durfte man doch den russischen Teil auf keinen Fall betreten oder fotografieren. Die Grenze war dann auch Grenze wie man sich das vorstellt – mit Zaun, Video-Anlage und so weiter. Man fühlte sich direkt einfach unwohl.
Grenzstein am Dreiländereck
Unweit davon befand sich aber der Einstieg in den Radweg Green Velo, der die nächsten Tage mein Richtschnur sein sollte. Auf einem großen Thermometer stand, dass es zwölf Grad wären. Brrrr.
Logo des Green Velo
Der Radweg war ganz hervorragend beschildert und auch sonst war er gut zu fahren. Auch wenn ich die meiste Zeit auf Schotter fuhr, so hielt sich der Wellblech-Oberflächen-Faktor dabei absolut in Grenzen. Fordernd war es allemal. Bergauf, Gegenwind – beides nicht zu knapp – aber durch den Grenzübertritt hatte ich ja eine Stunde dazu gewonnen. Jetzt galt auch für mich wieder die ME(S)Z.
Schwanen-Pärchen
Landschaftlich waren ein paar nette Ausblicke dabei, auch wenn es grundsätzlich wieder viel Gegend zu bewundern gab
Um kurz nach drei befand ich mich nach 65 km in Goldap und war irgendwie unzufrieden. Unterkünfte vor Ort nicht so richtig, Supermärkte haben am Sonntag nicht auf. Unzufrieden mit der Gesamtsituation. In einem Anflug von Größenwahn entschied ich, doch noch nach Wegorzewo (Angerburg) zu fahren. Das waren noch 50 km bis dahin. Direkt nach acht Kilometern kann dann auch die Quittung. Puddingbeine, richtig k.o. Was hab ich mir nur dabei gedacht?! Okay, und jetzt? Müsliriegel in die Figur, Wasser hierher. Und irgendwie ging es dann schon. Um kurz nach sieben war ich an der Unterkunft. Schnell duschen, was essen und zurück ins Zimmer. Völlig fertig, aber trotzdem genauso stolz auf knapp 118 km.
Gesamtstrecke: 111968 m Gesamtanstieg: 1063 m Gesamtzeit: 10:32:01
Platt, einfach platt. Nachdem Steffi mich gestern Abend beim Texten – meine Antworten kamen immer recht verzögert – fragte, ob ich eingeschlafen wäre, musste ich dies bejahen. Einfach eingeschlafen. Das passierte mir danach dann nochmal und um zwanzig vor zwei machte ich mich dann doch auch bettfertig. Ich schlief dann auch länger als sonst und würde erst kurz vor acht wach. Macht nix, für heute war ohnehin nicht so viel eingeplant, sollte es doch die erste „Berg-Etappe“ geben. Frühstück war nicht mitgebucht, sollte den Bewertungen nach echt übel sein. Okay, dann gibt’s halt Frühstück im Supermarkt, das haben wir ja nun schon öfter erfolgreich praktiziert. So war es dann auch. Es konnte losgehen für heute.
Die Fahrtrichtung war Südwest und somit wieder genau gegen den Wind. Ich weiß, dass ich immer rumjaule wegen des Windes. Aber der kann einem auch echt die schönste Tour versauen. Ich hatte direkt nach zwei Kilometern schon keine Lust mehr. Und da war es noch nicht mal hügelig
Wieder ganz viel Gegend
Die Hügel kamen aber. Anfänglich war ich noch der Auffassung, das geht auch ohne Unterstützung und so kämpfte ich mich Anstieg um Anstieg weiter vorwärts. Dank meiner Lernresistenz und des nicht so genau Hinschauens bei der Routenplanung mit Komoot hatte ich dann wieder zwei Abschnitte von jeweils gut fünf Kilometern dabei, die im GPS gestrichelt dargestellt waren. Allerfeinster Mist. Mit Sahnehäubchen.
Die Straße wird gerade neu gebaut – Wellblech-Oberfläche, Gegenwind und bergauf
Jetzt kam der Antrieb ins Spiel. Das egalisierte den Wind und etwas von der Steigung. Anspruchsvoll war es trotzdem, speziell wenn es bergab ging. Denn auf dem Schotter ist bremsen durchaus spannend. Ohne Gepäck könnte man vielleicht einfach laufen lassen, aber da bin ich dann doch vielleicht zu sehr Schisser.
Kurz vor Vištytis
Auch das ging zum Glück vorbei und ich erreichte Vištytis. Ich fuhr durch das Dorf, um bei dem kleinen Tante-Emma-Laden einmal Zuckerwasser abzugreifen. Und schon hatte ich wieder so einen Rehpinscher an den Hacken. Zum Glück hatte der kurze Beine und ich konnte davonradeln. Ich schaute mir dann noch schnell die Kirche und das Gemeindezentrum an und fuhr dann weiter zum Campingplatz.
Vor dem Gemeindezentrum
Da hatte ich nun die Qual der Wahl. Zwei Campingplätze direkt nebeneinander. Bin dann zu dem mit der besseren Bewertung hingefahren. Die Betreiber sollen laut Rezension auch Deutsch sprechen, wie nett. Ich fuhr also auf den Platz, wie immer erstmal keiner da, das kennt man ja nun schon. Dann kommt ein älterer Herr und ich denke, wunderbar, jetzt geht’s los. Okay, Sprache schwierig. Englisch, Deutsch? Alles Fehlanzeige. Russisch? Sorry, ist bei mir dünn. Also Hände und Füße. Geht doch! Eine Nacht, genau, nur ich. Zack! €7,50 gelatzt und wo kann ich mich hinstellen? Egal – gut, das war fast klar. Wo denn die Duschen wären? Ja, nee, Dusche is‘ nich‘, Saison ist vorbei. Aha. Und wofür habe ich jetzt €7,50 abgedrückt?
Ansonsten sieht der Platz ganz nett aus. Auch wenn ich zeitweise überlegt habe, doch noch den anderen Platz anzusteuern oder direkt nach Polen weiterzufahren. Da wäre der nächste Platz aber erst in 50 km. Mist, das ist schon zu spät. Und feste Unterkünfte liegen alle so, das es einfach nur extra Fahrerei wäre, mich aber auf der Tour nicht weiter voran bringt. Was soll’s, gibt’s halt morgen eine Dusche. Oder übermorgen. Wer weiß das schon.
Der Wind drückt leider wieder ordentlich von der Seeseite her und so kann ich ärgerlicherweise nicht an diesem netten überdachten Tisch essen oder wirklich verweilen und siedele in der Folge ins Zelt über. Im Vorzelt kochen, auch mal ganz spaßig.
Über den See kann man nach Russland schauen
Tja, das war der Tag. Irgendwie unspektakulär. Das mit den Hügeln ist okay, ohne Wind würde das aber besser gehen. Deutlich besser. Mal gucken wie morgen wird, die Vorhersage kündigt noch mehr Wind an, also im Sinne von noch kräftiger. Heute waren es gut 44 km, wie weit ich morgen komme – keine Ahnung. Für den Grenzübertritt nach Polen wird’s reichen, dass sind nur noch zehn Kilometer bis dahin. Damit ändert sich die grundlegende Fahrtrichtung von Süd nach West. Ob das gut ist oder schlecht, werden die nächsten Tage zeigen.
Gesamtstrecke: 43160 m Gesamtanstieg: 453 m Gesamtzeit: 05:42:05
Nachdem mir am späteren Abend gestern beim Mondaufgang noch ein, zwei sehr nette Bilder gelungen sind, bin ich dann ins Bett – aber nicht bevor ich noch ein bisschen Fortbildung Teil 2 von Odi bekommen habe. (Er heißt natürlich anders, aber sein Name ist für mich schon schwer zu sprechen. Schreiben? Keine Chance! Odi wäre aber eine passende Abkürzung seines Namens.)
Mondaufgang
Morgens dann – ich war echt früh dran, weil ich zeitig los wollte, um dem Regen ein Schnippchen zu schlagen – kam es natürlich, wie es kommen musste. Das Zelt war klitschnass. Von beiden Seiten. Während ich alles zusammenpackte und das Zelt auf die Leine hing, kam Odi. Oha… Fortbildung Teil 3 über litauische Geschichte. Jetzt weiß ich auch endlich, warum in so vielen Gärten eine rote Flagge mit einem weißen Ritter drauf hängt – das ist die Flagge des Königreiches Litauen, so seine Aussage. Wikipedia stellt das ein bisschen anders dar, aber nun gut… Details…
An der Memel längs
Was aber sehr gut war, Odi hat mir noch erzählt, dass es einen Radweg zurück nach Jurbakas geben würde. Das fand ich sehr interessant, denn die Schnellstraße 141 den Berg rauf mit den ganzen Autos erzeugte nun keine Freudensprünge bei mir. Aufgrund des nassen Zeltes kam ich aber schlussendlich doch viel später los als ich eigentlich wollte. Hrmpf!
Radweg an der Memel
Der Weg war ganz hervorragend! Die meiste Zeit fuhr ich fast direkt am Ufer der Memel! Und die Steigungen hielten sich somit auch in Grenzen. Dann hielt ich noch an, um endlich meinen ersten litauischen Geocache zu finden. Er hieß „Quick“ und war Schwierigkeit 1 in Gelände Stufe 1, einfacher geht also nicht. Keine Chance. Nix gefunden. Deprimierend. Ich konnte ja nun auch nicht ewig suchen, die Zeit…. Nachdem ich auf der Website nochmal nachtgeschaut hatte, wusste ich zumindest, dass man irgendein Spezialwerkzeug bräuchte. Nun gut, soll halt nicht sein. Ein bisschen Zeit ist ja noch in Litauen…
In Jurbakas gab’s dann erstmal Frühstück beim Norfa XL Supermarkt. Donuts! Der Zuckerspeicher musste voll sein, ich wusste, dass das heute noch anstrengend wird. Viel Strecke und das Regenradar gab den Termin vor…
Auf der Brücke über der Memel
Dann fuhr ich über die große Memel-Brücke weiter gen Südosten. Der Wind kam von Südwest, das ging also noch. Die Windvorhersage war aber gerade für den Nachmittag nicht witzig. Um halb eins hatte ich schon 40 km weg. Ungefähr 45 km fehlten noch. Die ersten 25 davon in Richtung Südwest… Noch zwei Stunden Zeit bis zum Regen – das ist knackig. Okay, ab jetzt mit Unterstützung.
Kommt da was?
Bei vollem Gegenwind merkt man nur leider nicht mehr viel davon. Das war schon zäh… Ich wechselte auf die Regenjacke, mal gucken was die taugt als Windstopper. Das ging. Lieber langsam von innen sous-vide gegart als von außen den Windchill-Faktor-Tod gestorben.
Und wieder ganz viel Gegend
Spaß ist was anderes, was ganz anderes! Hat natürlich nicht geklappt, die 45 km in zwei Stunden zu fahren. Teilweise war ich froh, wenn ich auf 15 km/h kam. Die letzten 20 km waren dann wieder Richtung Südost, aber der Wind hatte leicht gedreht und so kam der Wind jetzt direkt von der Seite. Und zwar mit einem Druck wie ich das noch nicht erlebt hatte. Ich musste richtig gegendrücken mit dem Lenker, um nicht umzufallen.
Dann war ich endlich da, Viertel vor vier. Trotzdem nicht schlecht. Und der Regen hatte auch gar keine Lust mehr, der ganze Stress umsonst. Naja, ab ins Hotel, einchecken. Mmh, die Dame an der Rezeption hat ja mal richtig Lust… Da wird einfach nur mit den Finger auf die Stellen gezeigt, wo ich unterschreiben soll. Nun denn.
Ausreichend! Kein Zelt auf- oder abbauen…
Ein bisschen Wäsche waschen, duschen und… kurz vorm Einschlafen sein. Das hat doch durchaus geschlaucht heute… So jetzt aber in die Stadt was essen. Eigentlich gibt’s nur ein Restaurant, dann noch eine Dönerbude und einen Pizza-Laden. Und jetzt ratet mal… genau, in dem Restaurant ist eine Privatfeier! Aber draußen auf der Terrasse ginge. Ist halt windig. Egal. Heute keine Pizza, kein Burger! Dann gibt’s halt ne Decke gegen den Wind. Herrlich! Kalt, aber gutes Essen! Als der Kellner abräumen möchte, fragt er, ob alles okay war. Ja! Ich erzähle kurz, dass ich Radreisender wär und schildere ihm dann kurz mein Dilemma der letzten Wochen, dass die Restaurants immer voll waren, zu hatten oder sonst was war und ich dann am Ende immer bei Pizza oder Burger gelandet bin. Er räumt ab, bringt noch das bestellte Bier und sagt dann, dass das nächste aufs Haus ginge – sie wären schwer beeindruckt von meiner Tour. Später bringt er mir dann noch einen Stadtplan von der Stadt und einen Magneten als Geschenk. Krass. Also voll nett. Mit so einer Geste hab ich einfach nicht gerechnet.
Jetzt sitz ich noch im Restaurant – vielmehr auf der Terrasse – und hab mich doch noch zu einem Dessert breitschlagen lassen, aber nach den 89 km heute kann man auch mal ein Auge zudrücken.
Brunnen vor dem Hotel
Gesamtstrecke: 86908 m Gesamtanstieg: 359 m Gesamtzeit: 07:04:26
Früh wach gewesen ging es um acht zum Frühstück, welches ich wiederum mit Gert zusammen aß. So plauderten wir noch ein wenig, bevor wir beide daran machten unsere „Maschinen“ zu beladen. Er die BMW, ich den Otter. Das lief zeitlich alles ganz gut und so war ich dann um halb zehn zum Abmarsch bereit. Dann fiel mir ein, dass mein Handy Provider noch was wollte und so rief ich dort dann an. Nach zehn Minuten in der Warteschleife gab ich entnervt auf und fuhr los. Am örtlichen Gymnasium vorbei, das schon fast klischeehaft nach höherer Bildungsanstalt (bitte das zweite s scharf aussprechen, so wie in der Feuerzangenbowle) aussah, ging es auf der 141 weiter gen Osten.
Gymnasium in Pagegiai
Ich wollte jedoch nicht direkt durchfahren zum Campingplatz, sondern bog vorher auf einen Abstecher runter an die Memel rechts ab und fuhr bis nach Panemunė (Übermemel), was die kleinste Stadt in Litauen ist und früher Teil von Tilsit war. Wenn ich schon nicht rüber fahren konnte, so war es mir trotzdem sehr wichtig, zumindest einen Blick über die Memel auf die Stadt, in der meine Oma aufgewachsen war, zu werfen. Auch wenn dieser Abstecher im Ganzen einen Umweg von über zehn Kilometern bedeuten sollte.
Blick nach Sowjetsk (Tilsit) – links das letzte erhaltene Tor der Königin-Luise-Brücke
Leider ein ziemlich trauriger Anblick. Das, was man sehen konnte auf die Entfernung, sah eher heruntergekommen aus. In Gedanken an meine Oma fuhr ich zurück zu meiner eigentlichen Strecke.
Auf den Rückweg von Panemunė
Kurz vor der Brücke sollte noch ein Geocache sein. Da ich bisher noch keinen in Litauen hatte, dachte ich mir, dass es jetzt wohl an der Zeit wäre. Ich suchte eine zeitlang, fand aber nichts. Beim nochmaligen Lesen der Beschreibung stellte sich heraus, dass er in fünf Meter Höhe auf dem Baum wäre. Nach kurzer Überlegung war klar, dass das wohl die zweitbeste Idee ist, alleine im Nirgendwo fünf Meter auf einen Baum zu klettern. Schade.
Mitten im Dorf
So fuhr ich weiter und weiter auf der 141 und man merkte, okay, das ist jetzt nicht mehr Küste – es ging ganz gut rauf und runter. Aber alles immer noch erträglich. Es lief sogar richtig gut! Hin und wieder hatte ich Rückenwind, das machte echt Spaß nach den letzten Tagen, wo der Kollege Wind und ich echt auf Kriegsfuß miteinander standen.
Kirche mit Felsenmadonna davor
Der Weg war anfänglich echt schön abwechslungsreich und es gab ganz andere Bilder als die Tage zuvor. Später war es dann auch wiederum nur noch Landstraße im Wald, aber dafür Mischwald und nicht nur Kiefern!
Mischwald!
Um fünfzehn Uhr hatte ich bereits über siebzig Kilometer weg und war in Jurbakas (Georgenburg). So hatte ich noch ganz gemütlich Zeit zum Einkaufen und um was zu essen, waren es doch nur noch gut vierzehn Kilometer bis zum Campingplatz. Und was erspähten meine Augen? Subway! Okay, da lasse ich mich dann nicht zweimal bitten. Heute keine Plastiknudeln, sondern ein Sub.
Dann ging es wie der Wind weiter und Dank abschüssiger Strecke – was ich morgen noch bereuen werde, denn ich muss zurück bis nach Jurbakas – war ich echt schnell da. Wie immer quasi einziger Gast, wobei dann später noch ein, zwei weitere kamen, checkte ich schnell ein. So schnell dann aber doch nicht, denn erst plauderte ich mit dem Campingplatz-Betreiber. Ich erhielt kurz eine Fortbildung über die litauische Sprache. Das war superinteressant! Litauisch wurde schon 3500 vor Christus gesprochen und daraus sind unfassbar viele Sprachen hervorgegangen, fast alle europäischen Sprachen. Wahnsinn. Da kommst Du auf einen Campingplatz und bekommst erstmal ein Bildungsprogramm geliefert, inklusive Bilder, die er mir dabei auf seinem Handy zeigte.
Jetzt ist alles aufgebaut und gleich werde ich noch ein kleines Feuerchen anzünden mit dem gesammelten Holz und mich über den guten Tag freuen, wo das Fahren der 90 Kilometer echt Spaß gemacht hat. Morgen wird sportlich, sind es auch wieder deutlich über achtzig Kilometer und es ist Regen angekündigt. Drückt mir die Daumen!
Gesamtstrecke: 87450 m Gesamtanstieg: 335 m Gesamtzeit: 08:08:47
Das Memel Hotel war wirklich sehr nett, ganz so wie es die beiden ICT-Fahrer, deren Reisebericht ich verschlungen hatte, beschrieben hatten. Ein bisschen ungünstig war, dass mein Zimmer zur Straße raus ging, so war ab halb sechs oder so ganz schön der Straßenlärm zu hören. Um acht zum Frühstück und… alle Tische belegt. Okay, dann erst Reiseplanung. Zwanzig Minuten später gab’s dann auch einen Tisch.
Dann ging’s durch die Stadt nach Süden raus durch ein großes Industriegebiet, viele Firmen wie Ikea und weitere waren dort vorhanden. Wenn es Häuser gab, dann mit Plattenbau-Charme. Der Verkehr war… heftig. Vierspurig – also in eine Richtung – und dann mit Kreisel. Nicht schlecht. Irgendwie bin ich da durch – und war durchaus froh, als der Verkehr etwas weniger wurde.
Im Anschluss sollte mich der Weg an der Straße 141 längs führen, Komoot hatte eine Strecke rausgesucht, die an der einen oder anderen Stelle jedoch durchaus wieder dafür sorgte, dass der blanke Hass zutage gefördert wurde.
Fahren am Strand
Somit war auch das eine oder andere Mal schieben angesagt. Das solche Strecken dann auch noch mit Gegenwind aufgewertet werden, war dann vielleicht etwas unnötig. Nach gut der Hälfte der Strecke änderte sich die Windrichtung von Süd auf Südost und in der Folge kam der Wind mehr von der Seite. Das war deutlich besser!
Ganz schön viel Gegend!
Das ich mich am Nachmittag dann über eine private Sache sehr geärgert hatte, ging die Zeit danach wie im Flug vorbei und ich konnte den Frust gut in die Pedale treten. In der Folge habe ich den Otter auf über 40 km/h beschleunigt, ohne Motor, ohne Wind, in der Ebene.
Als ich am Hotel ankam, musste ich erstmal auf den Vermieter warten. Zum Glück nicht lange! Er erklärte mir alles und es blieben auch keine Fragen offen. Er wusste wohl schon, was die Leute so fragen.
Er zeigte mir dann die Garage, wo ich mein Fahrrad abstellen könnte und da musste ich erst einmal lachen. Stand da doch die BMW aus Bremen drin, die mich vor gut einer Stunde überholt hatte – und bei der ich im Moment des Überholens dachte… der ist bestimmt im gleichen Hotel wie Du.
Nach der Ankunft lernte ich ihn dann auch direkt kennen. Gert aus Bremen war mit seiner Maschine alleine unterwegs, nachdem sein Kumpel leider spontan eine neue Hüfte brauchte. Er berichtete davon, wie es für ihn ist alleine zu reisen und dass das abends mal quatschen dann doch fehlt. Ja, das kenn‘ ich gut! So saßen wir dann zusammen auf der Bank in der Sonne vor unseren Zimmern und redeten über Gott und die Welt. Was wir schon gesehen hatten auf der Tour, was sich lohnt anzuschauen und diese typischen Reisedinge halt. Aber auch ganz andere Sachen waren Thema, die Kinder, wenn sie groß werden und was da alles so passiert und dann natürlich Europa – und auch die Geschichte, die Europa zu dem werden ließ wie es heute ist. Was für ein netter Abend mit einem tollen Gespräch.
Summa summarum himmelhochjauchzendzutodebetrübt. Und knapp 98 km.
Gesamtstrecke: 94429 m Gesamtanstieg: 389 m Gesamtzeit: 08:21:23
Bin heute gut hoch gekommen und dann gegen zwanzig vor zehn los von meiner Einzelunterkunft auf dem Campingplatz Ergli.
Otter reloaded
Nach sieben Kilometern fand sich ein kleiner Supermarkt, wo ich dann das Frühstück ergänzen konnte. Ein Schweineohr und etwas Trink-Joghurt. Plötzlich geht das Licht aus in dem Supermarkt. Okay… Dann gibt’s halt den Taschenrechner und bezahlen nur in bar. Na gut.
Bei Kilometer 21 mache ich eine kurze Rast, trinke was und schaue in die Karte. Ring Ring. Tehe… damit hatte ich schon fast gerechnet. Maik hatte mich eingeholt! Na dann können wir ja noch ein bisschen zusammen fahren. Eigentlich sollten es nur zehn Kilometer werden, schlussendlich sind wir dann aber doch die 40 Kilometer bis Palanga zusammen geradelt.
Aber vorher sind weiter noch gemeinsam über die Grenze nach Litauen gefahren, was sehr schön war – so konnten wir den Moment gemeinsam feiern.
Im Anschluss ging es dann eher unspektakulär weiter nach Palanga. Wobei der Radweg bemerkenswert gut war. Quasi wieder Fahrradautobahn durch den Wald, was wenig Wind zur Folge hatte.
In Palanga tranken wir dann noch einen Kaffee zusammen und dann trennten sich unsere Wege, wieder einmal. Die Idee ist weiterhin, dass wir uns mit Glück in Polen nochmal treffen.
Strand in Palanga
Nach dem Kaffee hatte ich dann doch noch mehr Kilometer nach, als ich geschätzt hätte. Mmh, Komoot sagt noch 28 km, gerechnet hatte ich mit zwanzig. Am Ende waren es dann sogar 31 km bis zum Hotel. Auf dem Weg hat der Wind nochmal demonstriert, wer hier der Hausherr in der Gegend ist. Okay, okay… Ist ja gut…
In Klaipeda durfte ich dann ich über eine ganz interessante Fußgängerbrücke fahren. Da es angefangen hatte zu nieseln, war das Bremsen spannend. Die Bremsen griffen vorbildlich – aber der Boden nicht. Und das bergab auf eine Straße zu, hat durchaus seinen eigenen Charme.
Mit Nothalt!
Dann war ich leider recht spät im Hotel, erst Viertel nach sieben. Schnell duschen und ab was essen. Leider regnete es dann auch noch. Der Stadtbummel hielt sich somit in Grenzen.
Nun sitze ich im Irish Pub, wo gerade das Spiel Litauen gegen Portugal läuft. Spannend, sowas hier zu sehen. Zumal der halbe Pub voll ist mit Portugiesen.
Klaipeda stellt in mehreren Hinsichten die Halbzeit dar. Zwei Länder habe ich mit Estland und Lettland jetzt hinter mir, mit Litauen und Polen liegen noch zwei vor mir. Und mit knapp 1500 km habe ich auch ungefähr die Hälfte der Strecke bis Lübeck geschafft. Klar kommt da noch hier und da was dazu und am Ende ist es dann wie immer mehr als geplant. Aber für mich ist hier heute Halbzeit – wie auch immer diese Reise im Detail dann weitergeht. Ein Zwischenfazit schenke ich mir oder kann ich noch nicht geben, da bin ich mir selber noch gar nicht so klar, wie das aussehen sollte. Denn dafür hätte ich vorher wissen müssen, was das eigentliche Ziel ist. Worum es geht. Ich hab immer gesagt, das ist kein esoterischer Selbstfindungstrip – und so ist es auch. Warum ich den Trail fahre? Vielleicht weiß ich das am Ende.
Gesamtstrecke: 93280 m Gesamtanstieg: 368 m Gesamtzeit: 00:17:25
Der Tag off tat gut, glaube ich. Auf jeden Fall ging es mit frischem Elan heute morgen los. Ich bin sogar recht zeitig hoch für meine Verhältnisse. Zum Frühstück gab es wieder Pancakes, garniert mit Früchten drum herum – durchaus was für’s Auge.
Alles war verpackt, es konnte losgehen. Nee, erst noch am Sattel friemeln. Ich hatte gestern noch ein, zwei Sachen gelesen, wie ich vielleicht meine Nacken- und Knieschmerzen in den Griff bekommen könnte. Macht bisher einen ganzen guten Eindruck. Knie passen – wobei unklar ist, ob da einfach der Tag Pause die Lösung war – und der Nacken ist besser, es tritt jetzt erst viel später auf.
Maik hatte mir getextet, dass die vorgeschlagene Route wieder mal quasi nicht fahrbar ist, reine Wellblech-Oberfläche. Hatte ich mir schon fast gedacht, war sie doch gestrichelt markiert in meinem Kartenmaterial. Okay, also außen rum über die Schnellstraße. Da ich aber noch zu der in der Karte verzeichneten Holocaust-Gedenkstätte wollte, musste ich dann doch irgendwann auf die Rippelstraße.
Zwischendurch hatte ich immer wieder das Gefühl, dass irgendwas bremst. Es hörte sich auch so an, als ob immer mal wieder was schleifen würde. Mmmh, merkwürdig. Kurz vor Ende der Schotterpiste hielt ich an, das ging so nicht weiter. Überall geschaut und dann sah ich, dass das hintere Schutzblech auf dem Reifen auflag. Wie kann das denn sein? Hab ich ne Acht im Reifen? Sah nicht so aus. Okay, alles Gepäck abgeschnallt und dann Ursachenforschung. Aha! Der Gepäckträger ist links gar nicht mehr festgeschraubt… Öhm, doof, weil gar keine Ersatzschraube am Mann. Und jetzt? Google sagt noch 13 km bis zum Fahrradladen, das’s zu weit! Okay, vielleicht eine Schraube vom Lowrider vorne, der trägt ja nix… Zu klein! Also ginge irgendwie, aber kann auch sofort verloren gehen… Dann habe ich zum Glück entdeckt, dass der Ständer genau die gleiche Größe an Schrauben hat – und er hat auch noch zwei davon! Da wird er mir doch sicherlich mal eine leihen können… für 13 km zumindest. Alles wieder rauf und… läuft wieder wie ne Eins!
Holocaust-Gedenkstätte in Liepaja
Nachdem ich bisher im Schwerpunkt nur geradelt bin, wollte ich endlich mal mehr anschauen als nur Strände und Wälder. So kam ich dann an der Gedenkstätte an und las erstmal die Hinweistafeln dazu. Keine leichte Kost. In Liepaja starben von 1941 bis 1945 über 19.000 Menschen, im Schwerpunkt in den letzten Tagen des Juni 1941, als die Nazis Libau, wie Liepaja damals hieß, einnahmen. Die Gedenkstätte ist in Form einer Menora aufgebaut. Den Weg dorthin ist mit Säulen gesäumt, die den Namen derjenigen tragen, die in der Region mit dem Titel „Gerechter unter den Völkern“ geehrt wurden.
Gerechte unter den Völkern
Dann fuhr ich weiter, Maik hatte mir noch einen Tipp geschickt. Kurz darauf kann ich zu einer ehemaligen (sowjetischen?) Batterie-Stellung an der Küste, die sich das Meer teilweise zurückgeholt hatte.
Reste der Stellung
Dann fuhr ich durch den Stadtteil Karosta nach Liepaja hinein. In diesem Stadtteil steht eine orthodoxe Kathedrale – sehr schön, aber auch sehr skurril inmitten der Plattenbauten.
Ich dankte Maik noch für den Tipp, woraufhin der schrieb, dass er jetzt gerade in Liepaja in der Pizzeria wäre, ich könne ja dazu kommen, wenn’s passt. Hmm, wäre witzig, aber jetzt irgendwo in Liepaja eine Pizzeria suchen… weiß nicht. Erstmal zum Fahrradhöker, ich brauche erstmal diese Schraube! Und wie es der Zufall so will – kein Witz! – ist diese Pizzeria direkt gegenüber. Da lehnt ein Fahrrad an der Wand… das kennst Du doch?!
Na denn, ist ja schon später Nachmittag, dann gibt’s halt Pizza zum Abendessen! Hat sogar was getaugt! Er hat mir dann von seinem gestrigen Tag und seinem Host erzählt und ich ihm dann meine Pläne für die nächsten Tage. Durch ein neues Visum für Kaliningrad, das man jetzt online beantragen kann, hat er sich entschieden, das noch anzugucken. Bei mir bleibt’s dabei, ich fahr außen rum. Da er dann aber im Anschluss in meiner Gegenrichtung unterwegs sein wird, könnte es gut sein, dass wir uns in Polen wieder treffen. Wer weiß? Witzig wär’s…
Ansonsten hat mich Liepaja nicht so von den Socken gehauen, somit war ich mit meiner Entscheidung ganz zufrieden noch nach Süden weiter rauszufahren, um dort einen Campingplatz zu finden. Dank der Pizza kam ich etwas später an, als ich eigentlich wollte, aber nun gut – man muss die Feste feiern wie sie fallen!
Ankommen, einziger Gast! Eigentlich schon zu, glaube ich. Aber sehr netter Vermieter, er hat sogar extra nochmal den Warmwasser-Boiler aufgedreht, so dass ich nach einer Stunde Wartezeit auch warm duschen konnte.
So geht ein rundherum schöner Tag zu Ende, an dem die 81 km auch gar nicht so weh taten.
Gesamtstrecke: 78169 m Gesamtanstieg: 230 m Gesamtzeit: 08:53:03
Mit etwas Verspätung nun der Bericht über den Samstag. Die Unterbringung ist Ventspils war sehr gut, das Zimmer hatten einen separaten Außeneingang und war durchaus geräumig. So brauchte ich mein Gepäck gar nicht weit tragen, um den Otter wieder zu beladen.
Links die Tür führte zu meinem Zimmer
Na denn… los! Die Karte sagte 73 km für heute, das hört sich doch ganz okay an. Gleichzeitig war der Hinweis vorhanden, dass man doch genügend Verpflegung dabei haben sollte, da der nächste Supermarkt erst in 45 km vorhanden wäre. Gesagt, getan. In der Stadt noch schnell einkaufen und es gab sogar Zimtschnecken – hervorragend!
Nach sechs Kilometern hatte ich den Stadtrand erreicht und war mehr als überrascht, als sich herausstellte, dass die Straße nach Süden raus für mich nicht passierbar wäre. Die komplette Straße war weggefräst und wurde gerade auf 24 km neu gemacht. Auf der schmalen Schotterpiste einspuriger Verkehr, keine Chance für einen Fahrradfahrer.
Ab hier 24 km Baustelle
Okay… dann mal eine Alternative suchen. Diese Alternative hieß in dem Fall, dass ich meine eigentliche Route großräumig umfahren musste. Bis zum Einstieg in die andere Strecke waren das somit schonmal acht Kilometer Umweg. Die Ausweichroute waren dann 15 km Schotterpiste, bei uns würde man sowas vielleicht noch als Feldweg bezeichnen. Hier ist sowas offizielle Straße. Entsprechend rege war auch der Verkehr, der da an mir vorbeischoß. Christian aus Jena beschrieb das so, dass ungefähr ab 60 km/h diese Rippel in der Straße nicht mehr zu merken wären. Also mit dem Auto. Mmh, das werde ich wohl nicht schaffen.
Nach den 15 km erreichte ich wieder die Straße, die dann wieder deutlich besser zu fahren war. Gleichzeitig setzte aber auch der Wind wieder ein, aber das war ja absehbar.
Zweimal kamen mir Radreisende entgegen und so langsam war mir klar, dass ich wahrscheinlich der einzige Depp bin, der in dieser Richtung unterwegs ist. Die klugen Köpfe fahren mit dem Wind. Nach wiederum einer Stunde war es erneut einfach zu kalt. Sowie die Sonne von einer Wolke verdeckt wurde, war die Temperatur von vorne gefühlt im einstelligen Bereich, der Windchill-Faktor ist wirklich beträchtlich! Endlich kam mal wieder eine überdachte Bushaltestelle, das sollte dann die Mittagspause werden. Hineingesetzt, was gegessen und dann wieder den zweiten Windstopper übergeworfen. Mit dem war’s eigentlich zu warm, ohne ging’s aber auch nicht. Naja, die verschiedenen Reißverschlüsse geöffnet und dann hatte ich ein vertretbares Setting.
Nach einem Boxenstopp in einem von der Straße abgehenden Schotterweg sah ich einen Radreisenden, der in meiner Richtung unterwegs war. Er war flott unterwegs, also stieg ich auf, fuhr an, in dem Gedanken: der ist gleich neben Dir, da kannst Du dann ein bisschen quatschen. Nach ein paar Minuten schaute ich mich um – weg! Wie schade, hätte ich mal gewartet!
So fuhr ich weiter und ärgerte mich ein bisschen über die vertane Chance. Nach einer Dreiviertelstunde oder so klingelte es hinter mir, da war er wieder. Er ist diese Schotterpiste gefahren, da ging es scheinbar auch längs. Nach ein paar Minuten des nebeneinander Herfahrens und auf Englisch Unterhaltens, stellten wir fest, dass wir beide aus Deutschland kamen. So konnten wir die Unterhaltung dann auch auf Deutsch weiterführen. Er heißt Maik, kommt aus Görlitz und ist ungefähr schon seit vier Monaten unterwegs. Über achttausend Kilometer hat er schon weg! Job gekündigt und auf’s Rad, bis nach Südostasien soll es auf dem Landweg gehen. Beeindruckend! Nach einer Viertelstunde oder so verabschiedeten wir uns, er wollte sich eine Unterkunft für die Nacht suchen. Eine alte Scheune oder sowas sollte es für ihn werden.
Ein paar Kilometer später stellte ich fest, das ich knapp an meiner Ausfahrt vorbei war und drehte wieder um, da kann mir Maik schon entgegen, die avisierte Scheune war nix. Dann fuhren wir zusammen weiter nach Pāvilosta. An meiner Pension angekommen, bot ich ihm an, mit in meinen Doppelzimmer zu übernachten, was ich ja aufgrund meiner Entscheidungsfreude am Tag zuvor gebucht hatte. Er lehnte dankend ab, wollte in Bereich der Dünen nach einem Platz Ausschau halten. Wir tauschten die Nummern aus, dann könnte man sich ja nachher noch auf ein Bier treffen. Nach einer halben Stunde meldete er sich und meinte, dass er das Angebot dann doch annehmen würde, weiterhin kein guter Platz in Aussicht und es sollte ja auch regnen.
Das Hotel hatte mir bereits nachmittags geschrieben, dass das eigene Restaurant wegen einer privaten Feier von 18 bis 24 Uhr geschlossen wäre – und sorry for the music! Aha. Das war ja mit einer der Gründe, warum ich diese Unterkunft ausgesucht hatte. Ich dachte, dann bräuchte ich abends mal nicht suchen gehen. Diese Essensgeschichte läuft irgendwie nicht richtig rund bei mir…
Fünf Minuten zu Fuß war dann das Café Laiva. Cafés sind hier so ein Mittelding aus Café, wir wir es kennen, und Restaurant. Als wir da ankamen war es – natürlich – voll. Es gab noch einen leeren Nebenraum, wo aber sonst niemand war. An einem Vierer-Tisch waren noch zwei Plätze frei und die Beiden, die da saßen, hatten unserer Gespräch verfolgt, ob wir nun in den Nebenraum gehen oder nicht. Das ältere Ehepaar, beide so Mitte fünfzig, kam aus Groningen in den Niederlanden. Sie ist eigentlich Deutsche aus Thüringen, ist aber vor 25 Jahren zu ihm nach Holland. Jetzt hatten sie ihren letzten Abend, sollte es in der Nacht noch nach Liepaja auf die Fähre und dann zurück nach Deutschland gehen. So ergab sich mit den Beiden auch noch ein sehr nettes Gespräch, bis sie dann nach vielleicht zwanzig Minuten aufbrachen.
Maik und ich hatten Pasta und Bier. Er hielt mich dann den Abend frei als kleinen Ausgleich für die Übernachtung. Ein sehr schöner Abend mit einem guten Gespräch, das dann auch bis nach Mitternacht dauerte. Es war gut sich mal mit jemandem austauschen zu können, der mit ähnlichen Herausforderungen zu kämpfen hat. Auch wenn seine Art des Reisens sicherlich viel entbehrungsreicher ist als meine. Gab aber auf jeden Fall ein paar gute Tipps für mich, sowohl was das Rad als auch das Radreisen angeht.
Das Regenradar sagte dann heute am Sonntagmorgen, das der Regen gegen Mittag schwächer werden und sich ein trockenes Zeitfenster bis in den frühen Abend ergeben sollte. Maik nutzte die Gelegenheit und ritt gegen elf von dannen. Gute Reise!
Für mich ist heute nach knapp drei Wochen auf dem Rad ein Tag Pause angesagt – auch wenn es schon wieder juckt, hmm, nachmittags regenfrei, da hättest Du die fünfzig Kilometer nach Liepaja auf jeden Fall locker geschafft! Jetzt ist es wie es ist und wahrscheinlich ist es auch sinnvoll ein bisschen zu regenerieren. Die nächsten Tage haben immer wieder Regen im Gepäck und ich bin auch kurz davor die eigentliche Route aus der Karte zu verlassen, da ich bekanntermaßen nicht durch die russische Exklave fahren werde. Auch nach der Umrundung werden sich noch einige Abweichungen und Herausforderungen ergeben, da es im Inland deutlich mehr Höhenmeter zu bewältigen gibt und einige Fähren bspw. über das Frische Haff bereits Ende August den Betrieb eingestellt haben. Somit wird der Tag heute auch dafür genutzt werden, einen Schlachtplan für die nächsten Tage auszuarbeiten. Da der Tag in der Folge ereignislos bleiben sollte, wird es darüber auch keinen Blog-Eintrag geben. Aber wenn Ihr was lesen möchtet, schaut doch mal in den Blog von Maik: www.openupnewhorizons.com
Gesamtstrecke: 78890 m Gesamtanstieg: 228 m Gesamtzeit: 06:29:49
Die Nacht in der Tonne war klasse. Das war echt witzig und am Morgen dann der Blick direkt auf den Sonnenaufgang… toll!
Blick aus der Tonne, ungefähr zwanzig vor acht
Dann wieder alles – so weit es geht – verpackt und dann auf zum Pub frühstücken. Hmm, schade, macht erst in zwanzig Minuten auf… Um neun Uhr gab’s dann aber was. Irgendwie hatte die Beschreibung in der Karte jetzt zwar nicht so richtig was mit dem zu tun, was da kam, aber lecker war’s trotzdem. Kein Omelett mit French Toast, sondern Spiegeleier mit Brot dazu. Okay. Ist ja so ähnlich. Egal.
Nach 13 km war ich dann am Kap Kolka, quasi das lettische Nordkap. Früher stand hier mal ein Leuchtturm, mittlerweile liegt weiter draußen ein Feuerschiff.
In dem Steinhaufen sollte dann auch noch ein Geocache versteckt sein und nicht irgendeiner, sondern der erste, der in Lettland versteckt wurde im Jahr 2001. Nicht gefunden, schade. Dafür aber nebenan die Gedenktafel zu dem Cache – und die durfte man auch loggen, somit nun endlich auch einen Cache in Lettland gefunden!
So denn, das Straßenschild sagt noch 82 km bis Ventspils, was das heutige Tagesziel sein sollte. Los geht’s! Was dann aber geschah, war nicht mehr feierlich. Über Monotonie, Gegenwind und das topografische Wunder des permanenten Anstiegs hab ich ja hier und da schon gemault, aber das war alles harmlos, verglichen mit dem, was die Strecke da heute für mich im petto hatte.
Lange bergan, kurz bergab
82 km bis Ventspils hieß ungelogen 82 km Gegenwind, der sich gewaschen hatte. Nach gut zehn Kilometern auf der Straße war mir so kalt, dass klar war, ich musste Klamotten nachlegen, sonst bin ich hundertprozentig danach krank. Selbst mit zwei Windstoppern übereinander und Mütze unter dem Helm war das immer noch frisch.
Vielleicht mal nur Schnauzer?
Ab Kilometer 40 schaltete ich die Unterstützung permanent hinzu, das machte die ganze Chose – etwas – erträglicher, aber immer noch nicht gut. Immer, wenn ich dachte, okay, ich hab’s verstanden, sagte sich die Strecke, nee, haste nich‘, jetzt gibt’s noch einen obendrauf. Ab Kilometer 64 wurde dann der – so called – Asphalt bemerkenswert, ich würde ihn wohl Festschotter taufen wollen. Dadurch, dass der Rollwiderstand deutlich ansteigt, wird das nochmal anstrengender.
Festschotter
Wenn das in den nächsten Tagen so bleibt, dann war’s das für mich. So hat das keinen Sinn. Ich hab immer gesagt, wenn ich keinen Bock mehr habe, dann hör ich auf. Das wurde mir heute nochmal eindrucksvoll in Erinnerung gerufen.
Selbst als ich dann in die Stadt kam, wurde der Wind nicht weniger. Und auch wenn ich in Ventspils mehrfach die Richtung wechselte – der Wind war immer da und immer von vorne.
Hafenpanorama Ventspils – die gewaltigen Tiere…
Nachdem 82 km lang auch kein Laden vorhanden war, freute ich mich in Ventspils dann als ich den ersten top! fand und erstmal einen Eimer Zuckerwasser in mich hineinschütten konnte.
Das Hotel war dann schnell gefunden, sehr netter Vermieter – hey, er trägt ein Batman-T-Shirt – Zimmer passt auch. Erste Frage, wann ich denn frühstücken möchte, es wird für jeden Gast einzeln zubereitet. Okay… cool… Dann interviewte ich ihn noch, was denn so seine Empfehlungen an Restaurants wären. Drei Tipps, check, das wird reichen.
Das übliche Procedere: alles an die Steckdose, was muss, duschen, ab in die Stadt. Tja… drei Tipps waren dann doch zu wenig. Zwei Lokale komplett voll, eins machte gerade zu. Irgendwie hab ich kein Glück bei dem Thema… Im Anschluss über Google dann noch was gefunden, gab halt dann schon wieder Burger. Aber der war zum Glück sehr gut!
Dann ging’s zurück ins Hotel, nicht ohne noch ein, zwei Fotos zu schießen.
Häuserfront in Ventspils
Ich bin froh, dass der Tag jetzt vorbei ist und ich gleich ins Bett kann. Der Tag hat wenig schöne Erinnerungen hinterlassen. Nicht mal über die 101 km, die ich heute gefahren bin, kann ich mich im Moment so richtig freuen.
Gesamtstrecke: 96231 m Gesamtanstieg: 310 m Gesamtzeit: 07:49:22
Nach einem kurzen Intermezzo um sechs Uhr konnte ich dann noch – Dank Mütze über den Augen – bis um kurz nach acht schlafen, obwohl der Zelteingang genau auf den Sonnenaufgang ausgerichtet war.
Sechs Uhr morgens
Nach dem Aufstehen begann wieder das Gepacke, es geht gefühlt aber mittlerweile etwas schneller. Leider ging der Plan nicht ganz auf, dass das Zelt direkt in der Morgensonne getrocknet wird, aber es war schon nicht schlecht im Vergleich zu den letzten Malen. Gegen zehn war ich dann fertig zum Losradeln. Ein letzter Blick zum Strand, noch ein Gruß an Thomas und seine Frau, die gerade am frühstücken waren, und los.
Halt, stop! Wo soll’s heute eigentlich hingegen und was für eine Unterkunft gibt’s da? Wie immer Minimal-Ziel, eigentliches Ziel und Größenwahn festgelegt. So stand ich bestimmt noch gute zwanzig Minuten vor der Rezeption, denn da war der WLAN-Empfang okay.
Und dann begann die Monotonie… Kein Witz! Von den 73 km, die ich heute geradelt bin, sahen 70 km identisch aus. Da wird man schon ein bisschen bescheuert im Kopf. In deinem Kopf laufen hypothetische Gespräche, Fragmente von Liedern – besonders witzig, wenn man den Text nicht mehr kennt, aber mantraartig diesen Fetzen mit irgendwas auffüllt, was sich ungefähr so anhören könnte.
Eine weitere Idee war auch, heute im Blog über die verschiedenen Farben und Beschaffenheiten von Asphalt zu referieren. Ich glaube, dass ich da langsam durchaus einen Expertenstatus erreicht habe. Keine Sorge, ich verschone Euch!
Nach zwei Stunden machte ich dann eine Pause und war echt erstaunt… 40 km?! Krass… Läuft heute bei mir… Okay, war auch kein Gegenwind, sondern manchmal sogar Rückenwind. Ging aber auch hie und da bergauf. Ohne Motor, trotzdem Durchschnittsgeschwindigkeit von 20,2 km/h.
Fette Beute!
Zwischendurch dann noch im Supermarkt angehalten, keine Zimtschnecke, nicht mal Käsebrötchen! Okay, dann Eis. War’s aber irgendwie nicht. Naja, weiter. Was sagt das Regenradar? Mmh, doof. Okay, in 22 km wäre zumindest das gesteckte Minimal-Ziel erreicht, der Campingplatz sieht auch ganz gut aus online. Beim Regelziel gäb’s nur eine „Dry Toilet“ – also Plumpsklo – und keine Dusche. Und irgendwie ist auch gerade ein bisschen die Luft raus… Naja, mal sehen…
Häh? Da fehlt doch was!Jetzt stimmt’s wieder!
Die ersten Tropfen fielen, als ich quasi genau an dem Campingplatz war. Okay, dann soll das so sein. Zehn oder zwanzig Kilometer mehr wären schön gewesen, aber es ist wie es ist. Zumal dieser Campingplatz auch die Möglichkeit bietet, im Pub was Warmes zu essen. 73 km reicht auch, dreh mal nicht durch!
Zack, Tonne gemietet. Schön, es ist noch gar nicht so spät. Einfach mal chillen! Nach der Dusche sitze ich nun hier in dem Pub, habe gerade einen Schaschlik gegessen und gucke aus dem Fenster auf den Regen. Da ich mein Regelziel heute nicht erreicht habe, habe ich morgen ein ganz schönes Brett vor mir. Mal gucken, ob’s klappt.
Gesamtstrecke: 69220 m Gesamtanstieg: 189 m Gesamtzeit: 05:53:57
Das Bett hielt mich fest. Echt. Es war echt muggelig und ich hätte gefühlt ewig liegen bleiben können. Aber dafür bin ich ja nun mal nicht da. Also raus aus den Federn! Ab zum Frühstück. Jaaaa, ist halt Ibis… in Lettland… aaah, da ist wenigstens Toast! Egal, Hauptsache Kohlehydrate in die Figur. Es war wohl eine französische Reisegruppe im Hotel, ich hörte quasi keine andere Sprache am Buffet. Neben mir saßen dann wiederum Deutsche…
Großstadtverkehr
Taschen aufgeschnallt und los. Das lief – wie gestern schon – überraschend gut. Keine Probleme mit dem Rad in der Großstadt, das hätte ich echt nicht erwartet.
Immer geradeaus ging es aus der Stadt heraus, parallel zu den Bahngleisen. Das war aber gut ausgebaut, teilweise wie eine Fahrradautobahn, echt super.
Irgendwann behauptete das Kartenmaterial , dass man auf dem Strand fahren könnte. Mmh, nee is‘ klar. Gestrichelte Linie, genau. Aber da Neugier die Vernunft schlägt… Gucken kannst ja mal… Tatsächlich, es ging. Was für ein Spaß!
Nach gut sechs Kilometern war der Spaß dann langsam eingetrübt, war der Wind doch ordentlich und ganz Donald Duck-mäßig hatte ich eine Wolke direkt über mir, das war dann doch etwas kühl. Hat aber trotzdem Spaß gemacht! Wann macht man das schon mal, einen Meter neben dem Meer am Strand fahren?
Also runter vom Strand und die Küstenstraße parallel dazu fahren. Wow! Was für Häuser, nein, Villen! Irre! (Ich habe nur offenkundig unbewohnte Häuser fotografiert, alles andere kam für mich nicht in Frage, ich finde, das gehört sich einfach nicht ohne zu fragen.) Und überall wird saniert und renoviert, ganz wenige einzelne Häuser, die seit Jahren vor sich hingammeln. Wirklich sehr beeindruckend!
Danach folgten noch unzählige Kilometer Landstraße, die im Gegenwind auch noch gefühlt immer bergauf gingen. Ist schon komisch. Wenn’s ständig bergauf geht, müsste man ja irgendwann mal ganz schön hoch sein – dem war aber nicht so. Es ging nämlich immer ganz sachte – dafür aber ewig – bergauf, um dann einmal ganz kurz bergab zu gehen. Ach so läuft das. Naja denn….
Dann kann ich auf dem Campingplatz an – und war erstmal alleine. Rezeption unbesetzt, Platz wirkte verlassen. Okay… Dann kam aber auch der Platzwart und sagte mir, dass ich zelten kann, wo ich will. Nur nicht in den Dünen. Und kein Feuer machen! Alles klar! Campingplatz für mich alleine… Fett! Aber mein Zelt war noch nicht mal fertig aufgebaut, da kam noch ein deutscher Camper angefahren… Was älter, aber er heißt auch Thomas. Ganz nett. Sein Frau hat sich im Camper versteckt. Wenn ich mich so ansehe, da würde ich mich auch verstecken… Nettes Schwätzchen gehalten! Jetzt aber ab zum Duschen! In Anschluss gab’s dann endlich mal wieder Plastiknudeln. Yeah! Und Nachos mit Käsesauce! Dann wurden die Mücken langsam etwas penetrant. Also zwei Spiralen angezündet und dann geht es schon. Irgendwie.
So, genug für heute! Und wenn Ihr noch wach seid, dann stoßt mit mir auf die über 1000 km an, die ich seit heute auf der Uhr habe!
Gesamtstrecke: 80771 m Gesamtanstieg: 259 m Gesamtzeit: 07:57:06
Die letzten gut fünfzig Kilometer nach Riga, endlich mal wieder eine größere Stadt! In diesen Fall sogar Hauptstadt. Die dritte seit Beginn des Trips. Aber der Weg dahin hatte noch ein, zwei… sagen wir Überraschungen zu bieten.
Normal aufgestanden, dann ging’s erstmal darum ein Hotel in Riga zu finden. Gar nicht so leicht. Möglichst zentral, fahrradfreundlich und bezahlbar. Also ran ans Netz. Das erste Hotel, das ich dann anschrieb, bestätigte mir zwar, dass sie einen Platz für das Rad hätten, aber als ich dann über die App buchen wollte wurde die Reservierung wieder storniert. Schade, war ein Schnapper. War wohl noch zu früh für so ein Restplatzangebot. Dann hatte Ibis auch geantwortet, Fahrrad geht, zack, gebucht. Jetzt nur noch hinfahren.
Die erste Überraschung war dann der Bahnübergang, den ich nutzen sollte. Echt jetzt? Nur Gleise? Ohne zu wissen, ob ein Zug kommt, ist das echt Stress den Otter darüber zu heben. Knapp sechzig Kilo…
Bahnübergang. Aha.
Danach ging’s es erstmal wieder durch den Wald. Totenstill da drin. Schon merkwürdig… aber halbwegs fahrbar. Wenn man manchmal von der Wegführung auch überrascht wird.
Links oder rechts?
Dann gab’s erstmal einen kleinen Mittagsstopp. O-Saft, Käsebrötchen und einen Trink-Joghurt. Danach erst wieder stark befahrene Straße und dann wieder Wald. Und ein Bahnübergang. Diesmal aber ohne heben, nur schieben. Dafür ging die Strecke dann auf dem Bahngleis weiter.
Danach ging’s wieder in den Wald, es sollte eine alte russische Kaserne oder so was sein. Man konnte ein, zwei Hügel sehen, könnten Bunker gewesen sein. Und plötzlich Großbaustelle. Das Gelände wird wohl eine neue Wohnsiedlung. Schön! Schön auch durch die ganzen Baumaschinen zu fahren.
Am Ende der Baustelle
Ich lern’s auch einfach nicht. Keine gestrichelten Linien in der Karte in Lettland fahren! Pfosten! Nicht, dass der Bahnübergang nicht schon genug Stress gewesen wäre, nein, da geht noch was. Strecke parallel zum Strand. Ein Schelm, der Böses dabei denkt… Und ab in den Wald auf die Mountainbike-Strecke! Was dieses Fahrrad mitmachen muss, ist der Wahnsinn. Irre, dass das alles so mitmacht.
Und immer rauf und runter…
Als dann dieser Abschnitt endlich vorbei sein sollte, führte der Weg in einer langen Geraden weg vom Strand zurück in die Siedlung. Toller neuer Holzweg, den ihr hier habt.
Zum Glück gab es eine Unterbrechung nach hundert Metern, so dass man das Fahrrad raufbringen konnte.
Danach ging’s fast glimpflich bis nach Riga. Was mir seit Anbeginn in Lettland schon auffiel, war, dass hier scheinbar jeder einen Hund hat. Du kannst an keinem Grundstück vorbeifahren, ohne angekläfft zu werden. Superätzend! Heute war bei einem Haus leider das Tor offen und der Hund wollte nicht nur kläffen, nee, der wollte aktiv verteidigen. Ganz dicht dran an der Satteltasche. Nicht witzig. Null Komma Null. Adrenalin und Puls auf Anschlag.
Genug der Traurigkeiten. Ab dem Stadtrand ging’s echt gut. Riga hat in der Stadt gute Möglichkeiten gefunden, wie man auch als Radfahrer zügig durchkommt. Respekt, so macht das Spaß!
Am Hotel angekommen, wurschtelte ich draußen an meinen Fahrrad rum, da kam direkt eine Hotelangestellte raus und fragte, ob ich Thomas wäre. Ich bejahte und sie öffnete mir das Tor zum Hinterhof, damit ich direkt mein Rad parken konnte. Absolut nice!
Zimmer passt, duschen, ab in die Stadt! Als erstes bin ich über den Markt gelaufen, der leider gerade im Inbegriff war zu schließen. Schade! Riesengroß, vier oder fünf Hallen und draußen das ganze Obst und Gemüse. Ich war in einer Halle nur für Fleisch!
Nix für Vegetarier. Echt nicht.
Dann ein bisschen einkaufen, dann was essen – endlich warmes Essen! – und dann noch ein bisschen herumlaufen und gucken. Riga ist auch schön, ganz anders zwar als Tallinn, gefällt mir aber. Die Häuser sind höher und die Stadt ist enger und verwinkelter. Ist definitiv eine Reise wert. Das dachten sich wahrscheinlich auch die anderen zweitausend deutschen Touristen, die ich traf. Am unglaubwürdigsten ist dabei wohl, dass ich dann noch einen von den Jugis von Sommermelodie traf. Toni ist gerade auf Klassenfahrt hier und ich lief an dem Restaurant vorbei, wo die gerade am essen waren. Die Welt ist ein Dorf! Zufälle gibt’s…
Nun sitze ich im „Easy Wine“ – ganz großartig! Man hat eine Chipkarte und kann sich den Wein damit selber zapfen – und lasse den Abend ausklingen. Das erste Drittel der Tour liegt nun schon hinter mir.
Verrückt.
Gesamtstrecke: 59306 m Gesamtanstieg: 267 m Gesamtzeit: 21:30:11
Himmelhochjauchzendzutodebetrübt trifft es wahrscheinlich ganz gut. Aber von Anfang an.
Zu normaler Zeit aufgewacht und aufgestanden, also so Richtung Viertel nach acht. Dank der vorhandenen Gemeinschaftsküche gab’s Müsli und Tee. Der letzte Beutel Kaffee hatte sich versteckt oder verdünnisiert. Dass es an der Rezeption Kaffee für siebzig Cent gab, hab ich leider erst beim Auschecken gecheckt. Da alle Hütten mit einer Flagge gekennzeichnet waren – ich glaube die der Ostseeanrainerstaaten – fragte ich mich, wo denn die deutsche Flagge zu finden wäre. Klärte sich dann beim Herausfahren – das Bettwäschelager war damit gekennzeichnet.
Zurück auf die Straße! Anfänglich gab es noch einen Fahrradweg neben der viel befahrenen A1 bzw. E67. Der hörte jedoch leider bald auf, aber nach ganz kurzer Dauer führte der Weg wieder in den Wald. Was gestern am Anfang noch ganz spaßig war, machte mich heute einfach nur wütend. Der Weg war teilweise so lockerer Sand, dass der Vergleich zum Strand sicher nicht hinkt.
Mit E-Unterstüzung ging es irgendwie, aber auch nicht gut. Europa-Fahrradradweg. Nee, is’klar. Es ist nicht nur ungemütlich darauf zu fahren, sondern auch echt anstrengend. Man rutscht ständig irgendwie zur Seite weg, hält den Fuß raus, damit man nicht umkippt, versucht aber auch, keine Geschwindigkeit zu verlieren, denn das Anfahren ist nochmal schlimmer, besonders wenn sich der Reifen erstmal festgefressen hat. Einmal ging’s nicht mehr und dann lag ich lang. Wer sein Fahrrad liebt, der liegt.
Drei Kilometer vor dem Ende zog ich die Reißleine. Das geht so nicht. Über einen Seitenweg zurück auf die A1, was allerdings auch echt nicht lustig ist. Kein Randstreifen und die LKWs sind durchaus dicht dran. Und halt nicht nur mal einer. Die kommen gegurtet!
Nee, das fühlt sich immer noch nicht gut an. Nächster Vorschlag der Karte wieder rechts ab, liest sich aber ganze gut. Befahrbarer Küstenabschnitt. Da gab’s endlich mal wieder das Meer zu sehen.
Befahrbarkeit hinreichend. Dann kam ein Campingplatz, der fast so wie die RMK Plätze in Estland wirkte. Nur hier sollte das dann Geld kosten. Nach diesem Platz wurde der Weg zur Hölle. Auch so mit einem Kettenfahrzeug wie in Estland festgefahren, nur dass hier die Vertiefungen deutlich ausgeprägter waren. Nach ca. drei Kilometern über diese Mondlandschaft gab ich auf. Mein Gepäck war nahezu komplett von Rad gesprungen. Ich verzurrte alles erneut und schob den Flying Otter die nächsten zwei Kilometer zurück zur A1. Und so knapp sechzig Kilo über diese Schotterpiste zu schieben ist nicht einfach Fahrradschieben. Das ist richtig Arbeit. War mir egal jetzt. Was auch immer die Karte sagt, wenn die Linie gestrichelt ist (das Zeichen für nicht asphaltiert), fahre ich auf der A1. Denn hinzukam ja noch die Wettervorhersage. Ab 16.00 Uhr sollte es regnen. Ich hatte also nicht beliebig viel Zeit. Ab jetzt bis zum Ziel mit E-Unterstüzung. Volles Rohr.
Zwischenzeitlich kam ich an der Kirche vorbei, wo sich Baron Münchhausen hat trauen lassen. Etwas später kam dann auch noch ein Museum zu ihm. Leider keine Zeit!
Neben dem Museum gab’s einen Imbiss, aber ich dachte mir nein, das wird zeitlich zu knapp, heute willst Du mal trocken ankommen. Hat dann auch funktioniert. Die letzten 35 km – nahezu komplett auf der A1! – in deutlich unter zwei Stunden gefahren, kam ich so an der Unterkunft an, dass es zum ersten Mal richtig heftig donnerte genau in dem Moment, wo ich mein Fahrrad gerade an die Hauswand lehnte. Eingecheckt, alles in die Bude getragen und dann fing es dann zu regnen. Perfektes Timing! Hat sich das Reintreten gelohnt!
Erstmal kurz entspannen, dann duschen und los, irgendwo was essen. Wiederum leichter gesagt als getan. Fußläufig gibt es hier wenig bis gar nichts. Einen Laden, der scheinbar Pizza verkauft, konnte ich identifizieren. In den Rezensionen stand drin, dass es die Karte nur in Landessprache gibt. Zum Glück gab’s die online. So fing ich an, die Zutaten von drei, vier Pizzen mit dem Google-Translator zu übersetzen, damit ich eine ungefähre Vorstellung hätte, was ich denn da bestellen würde und wackelte los. Die erste Husche war zum Glück vorüber und es sollte ein Fenster von anderthalb Stunden geben, wo es nur nieseln sollte. Unweit des Ladens mit den Pizzen sollte es am Strand noch ein Hotel geben, was auch Restaurant ist. Naja, gucken kost nix! Ich lief also an dem Pizza-Laden vorbei und ging noch die dreihundert Meter weiter. Das Hotel sah zu aus, aber ich konnte noch ein Bild an der lauten Ostsee machen.
Nun denn, zurück. Her mit der Mafia-Torte! Aber daraus sollte nichts werden. Denn der Laden schließt um 19.00 Uhr. Damit hatte ich nicht gerechnet. Absolut nicht. Mir ist schon klar, dass es auf einem Montag durchaus schwierig sein kann, ein Restaurant zu finden. Aber mit der nun verschlossenen Tür konnte ich alle Hoffnungen auf eine warme Mahlzeit begraben. Also ging’s zu Fuß zum Supermarkt, da gab es in der „Backwaren-Abteilung“ eine kleine kalte Pizza. Besser als nix. Plastiknudeln waren auch keine Option, denn den Gaskocher wollte ich in der Bude nicht benutzen und draußen goss es mittlerweile ordentlich. Dazu gab gab es dann noch ein paar trockene Salami-Sticks und die restlichen Cracker mit dem übrig gebliebenen Käse von gestern.
Der Tag war anstrengend – anstrengend für den Körper auf dem Sand und Schotter und anstrengend für den Kopf auf der A1. Riesengroß die Freude rechtzeitig anzukommen und genauso groß die Enttäuschung, dann doch nichts „Richtiges“ zu essen zu bekommen. Egal. Morgen geht’s nach Riga. Heute 72 km, morgen 50 km oder so. Da sollte ich genug Zeit haben, um in der Stadt jeden Fresstempel anzulaufen. Da glaub man dran!
Gesamtstrecke: 68871 m Gesamtanstieg: 204 m Gesamtzeit: 05:54:25
Pärnu ist die Sommerhauptstadt Estlands habe ich gelernt. Und so kam mir das gestern Abend auch vor. Überall Trubel und High Life. Wahnsinn. Als ich nach dem Pub dann irgendwann in mein Zeit gekrochen bin, also noch vor zwölf, war es nicht gerade ruhig, die Musik war absolut gut hörbar. Egal, ich konnte trotzdem sofort einschlafen. Die Strecke und der Pub haben schon dafür gesorgt.
Beim Frühstück habe ich dann zwei Jungs aus Hamburg kennengelernt, die umrunden einmal die Ostsee. In fünf Wochen mit dem Auto, sportlich. Die ersten, die ich getroffen habe, die durch die russische Exklave durch sind. Vier Stunden Wartezeit an der Grenze, niemand spricht Englisch. Genau mein Modell. Nicht. Ich fahre drum herum.
So denn, los nu, is‘ schon elf. Die ersten Kilometer ein absoluter Traum. Quasi Fahrrad-Autobahn, meistens im Schatten, oft Sicht auf die See. Geil.
Aber auch die schönste Strecke nimmt mal ihr Ende und so auch diese. Neben dem Golfclub fuhr ich parallel zu diesem durch den Wald. Der Weg war teilweise wie Strand. Absolut unfahrbar. Ganz kurz vor dem Ende von diesem Blödsinn – ich konnte den Beginn des Asphalts bereits schon sehen – musste ich sogar absteigen und schieben.
Fairerweise muss man sagen, das war die Karte und nicht die Beschilderung. Kurz danach, das war etwas skurril, kreuzte so eine Freizeitpark-Lokomotive mit Anhängern, wo Leute drin sitzen, meinen Weg. Man rechnet ja mit viel in Wald, aber das war schon strange. Direkt danach fuhr ich dann auch am Zaun von diesen Freizeitpark längs und hörte die ganze Zeit Kinder lachen oder sonstige Geräusche von sich geben. Völlig irritierend ist auch, wenn man dann einen Angestellten von den Park in seinem fetten Maikäfer-Kostüm durch den Zaun sieht, der gerade in einer Sprache, die man nicht versteht, Kinder anschreit. Die haben sich aber darüber gefreut. Muss wohl was Nettes gewesen sein. Und zack, zwei Mal in die Pedale getreten, vorbei, nächstes Bild. Völlig gaga.
Danach kam ich dann über eine nette Brücke und kurz darauf war erstmal wieder – richtig! – Landstraße angesagt.
An einigen Stellen konnte ich dann sehen, dass ich zu früh hier war. Neben einigen Straßen war der Radweg schon in der Mache, aber leider halt noch nicht fertig.
Bummelig zur Hälfte der geplanten Strecke für heute wollte ich den Coop in Häädemeeste anfahren, Zuckerwasser und Zimtschnecke natürlich. Pustekuchen! Keine kalten Getränke, keine Zimtschnecke. Und auch kein Lakritzeis. Verdammt. Also Pitsarull (Pizzabrötchen) und warme Cola. Hilft nix. Muss rein. Und weiter geht’s, noch 25 Kilometer zur Grenze. Tja und dann… dann war sie da. Die Grenze. Also ich wäre fast drüber gefahren ohne es zu merken. Aber ich konnte dann dieses große Schild Latvia dann zum Glück doch noch entdecken. Noch ein Blick zurück nach Estland und das war’s dann. Auf Wiedersehen Estland, wir haben uns nicht zum letzten Mal gesehen!
Grenzpfahl Estlands
Wie großartig ist das bitte? Keine Kontrolle, nix, einfach weiterfahren. Ich bin zutiefst von der europäischen Idee überzeugt. Das ist mir da heute nochmal bewusst geworden. Lasst uns alle daran arbeiten, dass sich das bitte nie wieder ändert – gerade mit dem Blick auf die heutigen Wahlen!
Der Blick in Lettland ändert sich direkt ein bisschen, es ist alles nicht mehr ganz so schick wie zuvor, auch wenn sich am grundlegenden Tenor nichts ändert. Interessant auch das erster Geschäft hinter der Grenze, ein Outlet.
Ich hab ja schon einige Outlets gesehen, aber ein Outlet für Sprit?! Ist auf jeden Fall was los da…
Kurz danach sollte es laut Beschreibung in der Karte einen Parallelweg zu der stark befahrenen Schnellstraße geben. Den Einstieg konnte ich aber leider nicht finden. Hmm. Etwas später als auf der Karte aber dann doch, zum Glück. Und der Weg war… abenteuerlich. Als erstes kamen mir vier Pferde entgegen und auch danach wartete ich für ganze Zeit darauf, dass Robin Hood hinter einem Baum hervorspringt und ruft: „Ah, edler Radwandersmann! Wohin des Weges?“
Und auch dieser Weg hatte immer wieder sandige Abschnitte, die echt bescheiden zum Fahren waren. Das ist dann wie Glatteis. Du weißt nie, wann dir das Heck weggeht. Dabei konnte ich dann aber die eMTB (Elektro-Mountainbike) Einstellung des Rades testen und mit der ging es dann schon. Das hat sogar etwas Spaß gemacht. Ohne Gepäck wäre das sogar richtig launig gewesen!
Dann kam ich am Campingplatz an, wobei ich heute nicht zelten wollte. Der Rücken hat gezwickt heute morgen beim Zeit zusammenlegen und die Feuchtigkeit der letzten Nacht hat alles ewig verzögert. Nee, heute mal wieder ins gemachte Nest. Dachte ich. Denn in meiner kleinen Hütte fand ich als erstes… Bettzeug. Genau. Selber beziehen. Oaaarrrr. Naja, morgen muss ich trotzdem kein Zelt zusammenlegen. Also alles gut.
Jetzt sitz ich auf meiner kleinen Veranda, sehe die Sterne – bei denen mir heute als erstes der Gedanke an unsere europäische Flagge kommt – freue mich über offene Grenzen und über meine heutigen gut 83 km, die längste Etappe bisher für mich.
Gesamtstrecke: 77845 m Gesamtanstieg: 188 m Gesamtzeit: 04:40:50
Es kam natürlich wie es kommen musste. Die zwei Kurzen nebenan waren zeitig wach und machten Alarm. Nun gut, halb acht geht ja noch. Richtig Lust hatte ich aber nicht aufzustehen.
Nach einem im Vergleich zu vorher vergrößerten Frühstück – ich hatte einen großen Müsliriegel, Kaffee! und einem Rest Sprite – ging’s dann wieder los. Hmm, die Polen sind einfach so los spazieren, ohne Tschüss zu sagen. Merkwürdig. Hätte ich jetzt anders erwartet, nachdem wir gestern noch zusammen am Feuer saßen.
Nach knapp 20 km war ich dann in Töstamaa, wo ich die Hoffnung hatte, zum zweiten Frühstück oder Mittag so ein Zimtschneckchen zu ergattern. Kauplus ja, aber Coop nein, Folge Zimtschnecke nein. Gut, gibt’s halt den Monte-Snack und ne Flasche Zuckerwasser. Rechtzeitig die Energiespeicher wieder auffüllen! Während ich draußen vor dem Laden stehe, werde ich von hinten aus einem Auto heraus angesprochen: Excuse me! Ach da schau her, das sind ja meinen polnischen Nachbarn von gestern bzw. heute morgen noch. Die haben sich noch mal entschuldigt, dass sie vergessen haben, mir eine gute Reise zu wünschen und holen das nun nach. Okay – damit hab ich jetzt nicht mehr gerechnet. Voll nett! Ich hab ihnen dann auch noch einen schönen Resturlaub gewünscht und dann rief auch schon der Asphalt wieder nach mir.
Landstraße, Landstraße, etc. pp. wenig neues, ein zwei nette Kirchen habe ich gesehen, aber das sollte es dann auch gewesen sein. Halt! Bis auf den Weihnachtsmann, denn hab ich nämlich auch gesehen:
Dann kam wieder mal ein Punkt der Entscheidung, Route nach Karte oder nach Schild? Da die Karte schon über die eine Stelle schrieb, dass die Straße da ganz unsäglich wäre, war die Entscheidung einfach, auch wenn das hieß, kein Wasser zu sehen. Ich dachte auch, dass dieser Weg kürzer wäre, und hatte die Hoffnung, in Pärnu noch zum Fahrradladen zu kommen. Heute morgen hattet ich entdeckt, dass da doch ganz schön viel Sand im Getriebe ist. Bei den Aufenthalten an den Stränden jetzt nicht so ungewöhnlich, aber ich wollte wissen, was ich da jetzt machen soll. Einfach reinigen oder irgendein Spray oder was weiß ich. Irgendwie stellte sich dann raus, dass die Strecke doch genauso lang ist. Schade. Aber wenigstens komplett asphaltiert und nicht wieder so ein Geröllmüll.
Echt schmaler Fahrradweg auf der Brücke
Ordentlich reingetreten und hat dann auch gepasst, viertel nach drei oder so am Fahrradladen, um vier sollte der zumachen. Kette wäre okay, aber zu viel Öl und reinigen sollte ich die mal, das wäre nicht so gut, wenn da so viel Sand drin ist. Aha! Na denn mach ich das doch mal! Hört sich jetzt auch nicht mehr ganz so crunchy an. Verrückt.
Von da aus waren es dann nur noch ein paar hundert Meter bis zum in der Stadt gelegenen Campingplatz. Also genau genommen vermietet Tamara ihren Garten zum Campen. Ist aber cool. Preis okay und es gibt eine Waschmaschine. Eine Ladung kostet zwar fünf Euro, die investierte ich aber gerne. Ist viel besser als mit der Hand zu waschen.
Zuerst war ich noch alleine, später kam dann noch ein Pärchen mit seinem Zelt. Clever wie ich nun mal bin, dachte ich mir, okay, Waschmaschine Dreiviertelstunde, perfekt, reicht easy zum Duschen. Doof, wenn einem dann bewusst wird, dass das Handtuch mit in der Maschine ist. Naja, ist ja noch frrüh an Tach. Irgendwann auch das alles erledigt, ab in die Stadt was essen. Leichter gesagt als getan. Alle Restaurants megavoll. Entweder kein Platz oder aber der Hinweis, dass das Essen ne Stunde dauern könnte. Nach langem Suchen bin ich jetzt bei Sweet Rosie – nein, das ist kein Puff – gelandet, im Irish Pub. Schnitzel und fertig. Karo einfach. Was soll’s.
Jetzt sitz ich hier, freu mich auf das Texten mit meiner Frau im Anschluss, über den gut siebzehner Schnitt auf die knapp 70 km heute und auch sonst des Lebens. Gute Musik, gutes Bier, was will man mehr?
Gesamtstrecke: 65691 m Gesamtanstieg: 133 m Gesamtzeit: 05:33:33
Da es in meiner Schlafschachtel ganz schön dunkel war, hab ich echt bis um Viertel vor neun gepennt. Das war gut! Vor der Abfahrt noch ein Foto, gestern war es zu nass dafür. Links der Eingang zur Schachtel, rechts das Bad:
Dann ging es los und nach gut fünf Kilometern gab’s auch einen Kauplus, so dass es Zimtschnecke, Kaffee und O-Saft zum Frühstück gab. Nach weiteren fünfzehn Kilometern war ich an der Fähre. Ich hätte auch direkt die Straße zur Fähre nehmen können, aber die Schnellstraße war doch arg befahren, so dass ich lieber die Alternativstrecke genommen hab. Zwei Kilometer mehr, fühlte sich aber einfach besser an. Beim Warten auf die Fähre stand ich hinter Ursula aus Frankfurt und ihrem Mann. Die Beiden sind mit dem Motorrad unterwegs, gegenläufig zu meiner Strecke. War noch mal ein nettes Gespräch, bevor es dann auf die Fähre ging.
Die Überfahrt ging recht schnell, vielleicht eine halbe Stunde, dann waren wir schon wieder auf dem Festland. Allen, die denken, dass ich immer nur Fähre fahre, sei gesagt: das dürfte die letzte gewesen sein. Denn jetzt geht’s einfach die Küstenlinie zurück bis nach Lübeck. Einziger Abstecher wird das Umfahren der russischen Exklave.
Danach ging es zügig weiter, lief echt richtig gut heute – bis ungefähr Kilometer fünfzig. Zuerst dachte ich noch, läuft Bombe, da fährst Du doch glatt noch weiter. Aber dann, wie Stecker gezogen, echt platt und megamüde. Noch drei Kilometer bis zum nächsten Kauplus und dann gab’s erstmal Zuckerwasser und Eis in die Figur. Danach ging’s wieder deutlich besser und die letzten zwölf Kilometer waren dann auch wieder ein Klacks. Kurz vor dem Ziel kann ich noch an einem Spielplatz vorbei – Batmans Freunde sind auch meine Freunde! Sehr nice!
Am Ziel angekommen, nee warte, wo ist denn jetzt dieser Platz? Erstmal bin ich etwas planlos am Strand umhergelaufen, aber nach zehn Minuten hab ich es dann zum Glück gefunden. Und keine Minute zu früh! Nach und nach kamen immer mehr Leute. Zuerst stand hierzu nur ein Zelt, jetzt vier Zelte, zwei Camper, echt voll. So denn, erstmal wieder schwimmen, die Ostsee war herrlich. Herrlich gierig, wie sich im Nachhinein herausgestellt hat. Denn aus dem Wasser kam ich ohne meinen Ring zurück. Neunzehn Jahre und fünf Tage war er bei mir, jetzt sollte er auf Reisen gehen. Ringlein, Ringlein, Du musst wandern.
Nach der erfolglosen Suche half ich dann dem verzweifelten polnischen Vater nebenan, der alleine versuchte, ein Familienzelt auszustellen. Da hilft man doch gerne. Wobei mir danach in den Sinn kam, dass das vielleicht sich gar nicht so toll ist, wenn diese kleinen Kinder acht Meter neben mir schlafen und höchstwahrscheinlich unendlich früh wach sind. Naja. Irgendwas ist ja immer.
Heute waren es 65 km, für morgen ist ähnlich viel geplant.
Gesamtstrecke: 69237 m Gesamtanstieg: 191 m Gesamtzeit: 07:04:23
Ein ziemlich ereignisloser Tag neigt sich dem Ende entgegen. Nach dem Aufstehen checkte ich zunächst das Regenradar, welches gestern noch der Meinung war, dass es heute erst gegen Abend regnen würde. Nun sagte es, dass es bereits mittags losgehen sollte. Hmpf. Danach wieder okay und dann abends wieder Regen. Na denn, das hilft in der Summe wenig.
Erstmal Frühstück, wenn man das schon nicht selber zubereiten muss, dann sollte man das erst recht nutzen. Interessant… Kein Orangensaft?! Was stimmt nicht mit Euch? Und statt Rührei gibt es Omelett. Aha. Wer auf Fischsalat steht, wird in Estland übriges bestens versorgt. Sowohl beim Frühstück im Hotel aber auch in den Supermärkten gibt es reichlich davon.
Alles gepackt, dann kann es ja losgehen. Dabei stelle ich fest, dass leider so ein Adapter von der einen Gepäcktasche verloren gegangen ist. Wie schade, jetzt wackelt es halt ein bisschen… Das Frühstück zahlt sich aus, es geht gut voran.
Das Regenradar wird regelmäßig gecheckt und so schaffe ich es, den Mittagsregen zu umgehen. Derweilen bin ich im Coop. Danach: weiter geht’s!
Zwischendurch komme ich an einer Brauerei vorbei, was hier Ölleköök heißt, was ich ganz charmant finde:
Spannend war dann eigentlich nur die Fahrt über den Damm rüber nach Muhu. Ca. 3 km gemeinsam mit den anderen Fahrzeugen auf der Schnellstraße. Da ist man wach!
Zackig rüber und gut. Passt. War dann aber auch froh, als ich auf der anderen Seite war. In Anschluss waren es dann nur noch wenige Kilometer zur Unterkunft. Regen-Klamotten hatte ich zwar an, aber es war noch nicht wirklich schlimm… Vielleicht geht’s ja glimpflich aus für mich.
Der Regen wurde etwas mehr, aber immer noch okay. Ich kam an der Unterkunft an und klopfte an der Tür, zeitgleich tat der Himmel seine Schleusen auf. Kein Witz, drei Minuten und ich wär halbwegs trocken auf meinem „Zimmer“ gewesen. Die Vermieterin war aber ganz freundlich und hat mit direkt angeboten, Sachen in ihrem Trockner für mich zu trocknen. An sich geht’s aber. Wobei ich finde, dass meine Regensachen nicht so richtig dicht sind bzw. nach den Regen echt noch lange nass sind. Merkwürdig.
Nach knapp 82 km bin ich in meiner Schlafschachtel angekommen, morgen geht’s zurück aufs Festland!
Gesamtstrecke: 78920 m Gesamtanstieg: 210 m Gesamtzeit: 07:16:57
… sind’s zwar noch nicht, aber zumindest über 500 Kilometer, die ich jetzt schon gefahren bin. Damit habe ich ungefähr ein Sechstel der Strecke bis Lübeck geschafft. Wenn das Wetter weiter mitspielt, sollte Lübeck funktionieren. Das Grüne Band hingegen finde ich von Tag zu Tag immer unwahrscheinlicher.
Der Tag startete ganz gewöhnlich eigentlich, nur dass ich beim Frühstück mal nicht alleine saß, das war ganz schön. Leider war es wieder supernass in der letzten Nacht, so dass das Packen einfach wieder länger dauerte. Aber auch das war dann irgendwann erledigt und es ging zurück auf die… Piste. Genau, erst musste ich ja wieder über dieses Drama zurück. Zum Glück nicht so weit wie gestern. Ätzend war’s trotzdem wieder.
Über die Monotonie der Landstraße will ich eigentlich gar nicht mehr schreiben, heute wäre eigentlich mal wieder der Gegenwind dran. Aber genug der Weinerei. Viel mehr habe ich heute wieder gemerkt, dass ich echt müde war und nicht richtig aus dem Knick kam. Okay, wir saßen gestern auch was, aber ich glaube, der eine Becher Tee gepaart mit nur einem Müsliriegel ist zu dünn. Vielleicht sollte ich auf einen zweiten upgraden…
Ein Faktor, der sicherlich auch nicht zu vernachlässigen ist, ist, dass es echt warm ist. Christian sagte gestern Abend, dass sein Auto zwischenzeitlich 31 Grad angezeigt hat. Ich merke das auch beim Flüssigkeitsbedarf. Die Menge der ersten Tage wird mittlerweile knapp.
Ohne Jacke und Schal ist aber keine Option – Sonne und (Fahrt-) Gegenwind
Nachmittags hielt ich dann an einer Kreuzung an, um was zu trinken, den Nacken auszurenken (der nervt seit Tagen) und zu navigieren. Da hielt ein Auto neben mir an. Auf schwäbisch wurde ich gefragt, ob alles in Ordnung sei. Ich bejahte dies, auch wenn ich sicherlich etwas kaputt aussah. Das ältere Ehepaar erzählte mir, dass sie mich schon zweimal vorher gesehen hätten, einmal auf der Fähre und das zweite Mal.. hab ich vergessen. Egal. Und jetzt wollten sie einfach mal wissen, auf was für einer Tour ich sei. So standen wir bestimmt eine Viertel Stunde am Straßenrand (direkt vor der Kreuzung – autsch!) und haben geratscht. Die Beiden kommen vom Bodensee und haben sich in Tallinn ein Mietauto genommen und fahren jetzt für drei Wochen so kreuz und quer durch Estland. Sie schenkten mir dann noch eine Flasche Wasser, die mir sehr gelegen kam, war es doch noch ganz schön weit zum nächsten Kauplus, was soviel wie Einkaufen im Sinne von Supermarkt heißt. Witzigerweise sind die Zwei heute in dem Hotel direkt neben mir. Danach fuhr ich dann noch gut fünfzehn Kilometer weiter nach Salme, wo noch ein Coop war, um die Wasservorräte aufzufüllen. Leider hatte der keinen Kühlschrank für Getränke, aber ich hatte unweit entfernt eine Imbissbude am Straßenrand gesehen, die werden schon was Kaltes haben… Hatten sie. Herrlich! Weil der Müsliriegel echt lange her war, nämlich so fünf Stunden, gab’s noch einen Burger dazu. Und wow, war der gut. Von dem Äußeren der Bude hätte man nie darauf geschlossen, aber das war echt richtig richtig gut. Nein, nicht nur weil ich echt hungrig war, sondern der war echt klasse!
Jalapeno-Burger bei Viking-Burger am Straßenrand
Danach noch ein Kaffee und dann geht es schon! Waren dann nur noch bummelig 17 Kilometer bis zum Hotel. Dort angekommen wieder flugs den Otter eingelagert und dann ab auf’s Zimmer. Wäsche waschen. Das ist jedes Mal der Horror. Ich bin sowieso schon platt, wenn ich ankomme, aber das kostet dann nochmal Kraft, alles durchkneten und auswringen und so.
Als Ausgleich ging’s danach in die Sauna. Gut achtzig Grad, wunderbar. Die Zeit vergeht mit der ganzen Nachbereiterei immer viel zu schnell, es war schon nach acht. Also ab in die Stadt, Express-Sightseeing und dann was essen. Kuressare hieß im Mittelalter Arensburg, weil der Deutsche Orden 1380(?) hier die gleichnamige Burg errichtete. Sehr sehr gut erhalten!
Das Museum hatte natürlich schon zu, aber auch von außen war das schon sehr interessant. Alles echt schick gemacht, sehr gepflegt! Nicht nur die Burg, sondern auch der Rest der (Alt-)Stadt – zumindest das Wenige, was ich gesehen habe. Zum Abendessen gab’s Pizza, zweiter Versuch in Estland und hat zum Glück funktioniert. Schade war nur, dass es da vor Mücken nur so wimmelte. Also, schnell gezahlt und weiter.
Nun klingt der Abend langsam aus, wiederum in einer Vinothek bei einem Cabernet Syrah. Für Hektik sorgte dann noch kurz eine Hornisse in dem Lokal, der ich einfach im Weg war.
Heute waren es dann nur 54 km, hat mir aber gereicht! Morgen wird tricky, die Vorhersage erzählt war von Regen gegen Abend. Drückt mir die Daumen!
Mühle an der Arensburg im Sonnenuntergang
Gesamtstrecke: 51315 m Gesamtanstieg: 168 m Gesamtzeit: 06:30:31
Der Morgen startete mit der Erkenntnis, dass es in der Nacht unglaublich feucht war. Das ganze Zelt war klitschnass. Super, wenn man direkt an der Düne steht. Das Zusammenpacken nahm somit auch deutlich mehr Zeit in Anspruch. Alles war schön paniert. Als ich dann anfing, die Taschen am Rad festzumachen, fiel mir auf, dass ich vergessen hatte zu frühstücken. Schade.
Der Weg sollte laut Karte 100 km betragen, aber da ich am Tag zuvor davon schon 15 geradelt bin und ich an der einen Stelle abkürzen werde, dürften es knapp unter achtzig sein bis zum designierten Zeitplatz.
Zwischendrin genehmigte ich mir dann eben Abstecher an die Steilküste, da dies als lohnenswert beschrieben wurde. Mmh, geht so. Der Aussichtsturm war dann auch noch gesperrt. Lohnenswert war aber das späte Frühstück, was es dann dort für mich gab: Hot Dog, also genau genommen ein Brötchen mit Wurst. War aber gut.
Steilküste – leider langweilig
Danach zog sich die Strecke. Und zog sich. Die Abkürzung hatte zur Folge, dass ich eine Landstraße fuhr, auf der Du am Sonntag sehen kannst, wer am Mittwoch zum Kaffee kommt. Über fünf Kilometer ganz geradeaus. Komplett.
Im letzten Supermarkt vor dem Ziel machte dann eine ganz hervorragende Entdeckung: es gab hier Lakritzeis! Mit Himbeer-Glasur. Großartig!
Megalecker!
Dieser Motivationsschub war dann auch noch mal echt nötig, denn das letzte Stück zum Zeltplatz war wieder ein Schotterweg mit Querrillen, über 15 km lang. Das ist immer unfassbar anstrengend zu fahren, denn man muss nicht nur mehr Kraft aufbringen, sondern auch die ganze Zeit total konzentriert auf den Boden schauen, um zu sehen, wo jetzt am wenigsten Schlaglöcher sind. Ich dachte echt der Weg nimmt kein Ende.
Endlich angekommen am Platz, war dort bereits eine Mutter aus Lettland mit ihrem Sohn. Kein Problem, gehe ich an den zweiten Tisch. Plötzlich entdecke ich eine Hornisse und freu mich darüber, denn folglich sollte ja weniger von dem anderen Zeug in der Luft sein. Die Hornisse war dann aber doch etwas hartnäckiger und es stellte sich auch schnell raus, warum:
Kleines Hornissennest
Okay, frag doch mal nach, ob Du nicht vielleicht doch mit am anderen Tisch sitzen kannst. War kein Problem für die beiden, sehr gut. Kurz darauf traf dann noch ein Camper ein, wie sich herausstellte aus Jena. Christian und Jana und ihre vier Hunde stiegen aus. Es ergab sich dann eine wirklich nette Gesprächsrunde bis kurz vor Mitternacht. Dann waren wir alle hinüber, die beiden von einer Wanderung zu einer Nachbarinsel, wo Du über sechs Kilometer immer wieder hüfttief im Wasser wanderst und ich von meinen 78 Kilometern.
Der heutige Tag fing eigentlich schon gestern an. Nachdem ich den Blog Eintrag fertig erstellt hatte, kamen langsam die Sterne raus und es war der Wahnsinn. Gegen ein Uhr früh ging dann der Mond auf in einer Art und Weise, die man sonst nur mit der Sonne in Verbindung bringt.
Mondaufgang
Wie immer um sechs das erste Mal wach, und – ihr kennt das schon – nein, zu früh. Schon gar nicht, wenn man bis um zwei Fotos gemacht hat.
Nach dem Aufstehen kurz gecheckt, wann die Fähre nach Saaremaa übersetzt und dann war klar, das wird ein entspannterer Tag, da nur noch eine Fähre um 17.30 Uhr fährt und es bis zum Anleger vielleicht 40 km sind. Angenehm. Damit ganz entschleunigtes Packen des Otters, ein bisschen umsortieren, passt.
Die 40 km hingegen waren leider wieder von Landstraßen geprägt, aber das bin ich mittlerweile gewöhnt und sehe auch die Vorteile, auch wenn’s eher stumpf ist. Problem war eher, dass ich ganztägig schön müde war. Es war einfach zäh heute. Ging nicht gut voran.
Was man immer wieder sieht – und was ich ganz lustig finde – ist, dass es auch für Einzelhäuser Bushaltestellen gibt. Die sind aber genauso liebevoll hergerichtet wie die für ein ganzes Dorf.
Dann war’s mal wieder so weit, ab auf die Fähre! Und wer stößt dazu, während ich so warte? Margaret, die ältere Dame von gestern. So fahren wir gemeinsam mit der Fähre und ratschen. Auf der Fähre gab’s dann endlich mal wieder Kaffee und… Franzbrötchen! Also so ähnlich, etwas dicker, aber großartig! Nach dem Anlegen trennen sich die Wege von Margaret und mir dann aber wieder relativ zügig. Da sie aber auch bis Riga will, kann ich mir aber gut vorstellen, das sich unsere Wege nochmal kreuzen.
Für die Nacht hatte ich mir wieder einen RMK Platz rausgesucht, der wiederum direkt am Meer liegen sollte. Überraschenderweise war dieser mal voll belegt. Okay, die sind jetzt auch nicht riesengroß die Plätze, aber bisher, wenn man vom ersten absieht, war ich immer alleine. An dem einen Platz ist nur eine Person und ich frage, ob ich mein Zelt mit dazu stellen kann. Die junge Frau heißt Trine (keine Ahnung, ob man das so schreibt) und ist eine Einheimische. Sie erzählt, dass sie viel wandert und versucht mir dann zu helfen, was meine morgige Unterkunft angeht – da sieht meine Karte nämlich nichts vor und es ist auch kein RMK Platz oder ein Hotel in der Nähe. Die Route werde ich wohl etwas umplanen müssen…
Vorher springe ich jedoch noch kurz in die Ostsee, nachdem ich mein Zeit aufgebaut habe. Zum Abendessen gibt’s dann wieder Meerwasser-Spaghetti, diesmal aber mit zusätzlichem Salz! Passabel.
Während ich hier sitze und anfange zu bloggen, raschelt es vor mir im Strandgras. Ich fange an mit der Taschenlampe zu leuchten und vier Meter vor dieser Tischbank sitzt ein Fuchs. Auf dem Bild erkennt man den leider nicht im Gras, wie ärgerlich. Er kommt dann näher und anstatt, dass ich dann erst ein Foto mache, verscheuche ich ihn. Depp. Interessante Fauna auf jeden Fall hier. Margaret hatte auch schon erzählt, dass sie einige Schlangen gesehen hat. Ich auch, wenn auch meist in so drei Millimeter Dicke auf der Fahrbahn. Gestern hatte ich eine auf der Suche nach Holz gesehen, aber auch da war ich wieder zu langsam mit dem Handy. War aber eine Blindschleiche glaube ich. (Ja, ich weiß, das sind keine Schlangen).
Zum Abschluss gibt’s den Sonnenuntergang:
Ach ja, knapp 63 km waren es heute dann trotzdem.
Gesamtstrecke: 76414 m Gesamtanstieg: 195 m Gesamtzeit: 07:27:40