Um 11:00 Uhr sollte die Fähre über das Frische Haff nach Krynica Morska gehen, also sollte ich nicht zu viel Zeit vertrödeln heute morgen. Bis nach Tolkmicka, wo die Fähre ablegt, sind es gut 17 km. Halb zehn los reicht locker. Früh genug hoch war ich auch, dem Hund, der seit dem Morgengrauen irgendwo vor meinen Fenster bellte, sei Dank.
Mehr als pünktlich konnte ich starten, es war sogar erst 09:18 Uhr. Direkt gegenüber vom Hotel ist die beeindruckende Kathedrale Mariä Himmelfahrt und St. Andreas gelegen, davor steht das Nikolaus Kopernikus Denkmal. Das schaute ich mir noch schnell an. Dabei entdeckte ich, dass direkt daneben der Green Velo längs führte. Okay, schnell die App gecheckt, den Weg kannst Du auch nehmen. Sehr gut, der ist bestimmt etwas weniger langweilig als die Straße.
Und so war es dann auch. Sehr schön im Wald gelegen, aber Alter Schwede! Das ging mal gut gut rauf und runter. Mmmh, ist auch weiter als gedacht. Okay, Motor rein. Was für ein Spaß! Durchaus flott ging es jetzt die Hügel rauf und runter, das mit 11:00 Uhr sollte jetzt wieder lösbar sein. Um zwanzig vor kam ich am Hafen an und suchte die Fähre – und fand sie nicht. An der Schranke standen Zwei, die gerade aus dem Hafenbüro kamen. Auf meine Frage, wo denn die Fähre fahren würde, kam als Antwort nur „no today!“. Da hatte ich mich echt drauf gefreut, dass ich auf der Nehrung fahren würde und dann das! Niedergeschlagen setzte ich mich auf die nächste Parkbank und bastelte mit wenig Motivation einen Plan B. Lustlos fuhr ich los und, um das Bild zu vervollständigen, fing es dann nach fünf Minuten auch an zu regnen.
Ich fuhr gerade auf einer Küstenplattenstraße auf so einer Art Mini-Deich. Keine Bushaltestelle, kein Baum, einfach nix, was gerade vor der Nässe schützen würde. Super. Läuft bei mir. Ergänzt wurde die Freude im Anschluss durch das Kennenlernen der Wellblech-Oberfläche in der polnischen Küsten-Edition.
Irgendwann kam ich dann nach Elblag (Elbing), wo ich zunächst auf ziemlich großes Einkaufszentrum traf, an dem ich dann auch anhielt. Kurz durch den Mediamarkt gecruist und dann noch zur goldenen Möwe als Mittagspause. Zusätzlich gab’s dort einen wirklich großen Supermarkt, an dem ich endlich einen Flicken für meine Hose fand.
Dann ging es quer durch die Stadt zurück auf Kurs Küste. Die Altstadt hat mir richtig gut gefallen. Ganz viele alte Häuser wurden modern renoviert, ohne dabei ihr Wesen zu verlieren. Echt schick!
Jetzt sollten es noch gut 35 km bis zum Campingplatz sein. Leider hatte ich im Zuge geistiger Umnachtung bei Komoot vergessen bei der Routenplanung wieder auf Rennrad zu stellen – denn nur so klammert er die ganzen „Wege“ aus und nutzt ausschließlich Straßen. In der Folge hatte ich dann auch wieder einen ganz sensationellen Abschnitt dabei.
Mitten in der Pampa löste sich auf einmal mein linker Pedalarm und fiel ab. Einfach so. Ich hielt an, um mir das anzusehen. Die Schraube, die den Arm am Tretlager hielt, fehlte. Großartig. So eine hast Du natürlich nicht dabei. Ich machte mich auf den Weg zurück – zu Fuß. Vielleicht hätte ich ja Glück und finde sie wieder. Schwarz, im Gras links und rechts des Plattenwegs. Genau. Wovon träumst Du eigentlich nachts?! Ich ging bestimmt 100 m zurück und fand sie nicht. Also drehte ich wieder um in Richtung Fahrrad – und fand die Schraube! Fünf Meter hinter dem Flying Otter lag sie! Ich Glücksschwein! Ordentlich fest verschraubt konnte es endlich weitergehen. Jetzt war es schon wieder vier und immer noch 31 km! Und die Wetterlage wurde auch nicht besser.
Ich kam noch an der einen oder anderen kleinen Ortschaft vorbei auf meinem Weg nach Stegna. Bemerkenswert sind wirklich oft die Kirchen, die man dort sehen kann. Die Friedhöfe hingegen sind jedesmal beeindruckend, da sie immer mit unglaublich vielen Blumen und Kerzen geschmückt sind.
Dann kam ich um 18 Uhr in Stegna an. Dort sollte es zwei Campingplätze geben. Bei dem ersten hatte ich schon im Internet gelesen, dass er wohl nur bis zum 15. September geöffnet hätte. Somit fuhr ich zuerst zu dem anderen Campingplatz. Dieser war komplett verrammelt und verriegelt, also fuhr ich zu dem zweiten in der Hoffnung, dass dieser ja vielleicht doch geöffnet haben könnte. Fehlanzeige. Also wieder das Handy rausgekramt und über Booking nach einer Alternative gesucht. In Sztutowo wurde ich fündig, das waren dann zwar noch einmal 5 km mehr, aber morgen wollte ich sowieso in diesen Ort fahren, da sich dort das Museum zum KZ Stutthof befindet. Schlussendlich spart mir das dann morgen wieder Zeit.
Da ich so kurzfristig gebucht hatte, wussten die Vermieter noch gar nicht, dass sie heute Abend einen Gast hätten. Trotzdem wurde ich sehr herzlich in Empfang genommen. Weil ich der einzige Mieter war, konnte ich mir das Zimmer frei aussuchen. Das war sehr praktisch, denn so musste ich nicht in den ersten Stock, sondern konnte im Erdgeschoss bleiben und musste meinen Gepäck nicht die Treppe hoch schleppen. Auf meinem Zimmer habe ich einen Wasserkocher, folglich stand den Plastik-Nudeln nichts im Wege. In der Küche entdeckte ich dann ein Bügeleisen, damit konnte ich dann sogar meinen Flicken direkt noch auf die Hose klatschen. Hervorragend!
Jetzt sitze ich auf der Couch, lasse diesen doch eher verrückten Tag Revue passieren und schreibe diese Zeilen. Durch den nicht eingeplanten Umweg über Elblag und das Suchen einer Unterkunft, was länger gedauert hat als geplant, sind es dann doch wieder fast 95 km geworden. Morgen geht es dann nach Danzig!
Gesamtanstieg: 279 m
Gesamtzeit: 05:48:22
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