Puh, etwas später wach geworden – zwei Tage hintereinander über 100 km machen sich dann doch mal bemerkbar – und somit dann auch entsprechend mit Zeitverzug losgekommen.
Der Dreiklang aus Karte, Komoot und Beschilderung war sich wie immer nicht so ganz einig, wo es denn längs gehen sollte. Karte und Schilder lagen heute aber in Führung. Anfänglich war die Strecke dann auch wieder maximal unbeeindruckend.
In Rewal fuhr ich quasi auf der Steilklippe mit einem hervorragenden Blick auf das Meer. Und nach kurzer Zeit erreichte ich eine Aussichtsplattform, die über den Strand ragte. Fand ich irgendwie schräg, aber als ich da war, erklärte sich dann auch, warum das Ding dahin gebaut wurde. Ermöglichte es doch so einen Blick auf die Kirchenruine von Hoff zu werfen.
Beim Verlassen der Plattform wurde ich mal wieder auf mein Fahrrad angesprochen. Wo ich herkomme, wo ich hin will, ob ich echt ganz alleine unterwegs bin und wie immer die am meisten bewegende Frage – wo ich denn den Strom unterwegs herbekomme. Das Konzept E-Bike ist vielen noch nicht so geläufig, auf meiner Reise habe ich bisher auch fast keine gesehen. Es ist in erster Linie ein Fahrrad. Man muss tatsächlich selber treten, sonst passiert da gar nichts. Wenn man dann den Motor zuschaltet, wird es etwas leichter. Gerade beim bergauf fahren ist das dann eine tolle Sache.
Danach ging es wieder durch den Wald und schließlich musste ich mich dann entscheiden, ob ich über die Landstraße direkt nach Miedzyzdrojach fahre oder erstmal 11 km Umweg fahre, um dann noch weitere 10 km durch den Nationalpark zu fahren, wo dann am Ende ein Wisent-Gehege sein sollte. Ach was, mittlerweile schien die Sonne, was soll’s?
Der Umweg war schnell gefahren, dann ging’s in den Nationalpark. Da war es dann ziemlich ruhig, der Weg… interessant. Manchmal ist es etwas abenteuerlich mit bis zu dreißig Sachen die Waldwege längszubraten, ist der Untergrund doch immer für eine Überraschung gut.
Nach dem Gehege, was dann nichts anderes war als ein kleiner Wildpark, wo ich dann zunächst noch überlegt habe, ob ich da jetzt wirklich reingehen soll – Hallo?! 11 km Umweg, um das zu sehen, was überlegst Du da gerade?! – ging’s kurz durch die nächste Stadt und dort gab es wieder Unterschiede in der Wegführung. Ich ließ das GPS gewinnen und wurde nicht enttäuscht. So fuhr ich bei bestem Wetter nochmal am Strand längs. Dass es ab morgen eine Woche regnen soll, konnte man da gar nicht glauben (wollen).
Dann ging es wieder in den Wald. Die Wege waren dann nochmal spannender, da immer wieder riesengroße Pfützen den Weg in deiner gesamten Breite versperrten. Hmm, wie tief kann so eine Pfütze wohl sein? Aber auch hier ergaben sich durch die schon tief stehende Sonne wunderschöne Farbspiele.
Dann stand auf der Karte etwas von einem Bunker, den man besichtigen könnte, aber da es jetzt schon echt spät war, fuhr ich daran vorbei. Um dann kurz danach doch an einem Geocache zu halten, der ebenfalls in einem kleinen Bunker versteckt sein sollte. Das war schon ein bisschen komisch so abends alleine im Wald in so ein Erdloch einzusteigen.
Der Cache war zum Glück schnell gefunden, weiter ging’s. Langsam wurde es immer dunkler. Bei Sonnenuntergang kam ich dann aus dem Wald auf die Straße nach Swinemünde. Nur noch ein paar Kilometer bis zur Fähre über die Swine. Die fuhr glücklicherweise alle zwanzig Minuten. Beim Warten wurde ich wieder mal angesprochen, diesmal von einem älteren Herren – die üblichen Fragen. Aber sehr sehr nett. Er sprach ganz hervorragend Deutsch und holte gleich sein Handy heraus, um nach dem Wetter für mich zu schauen.
In der Stadt musste ich erstmal neu navigieren und genau jetzt müssen natürlich die Batterien für das GPS den Geist aufgeben. Während ich die wechsle werde ich aber wieder sofort angesprochen, ob ich Hilfe benötige. Sehr freundlich! Trotz GPS biege ich an einem Kreisverkehr mit vielen Ausfahrten falsch ab. Als ich kurz anhalte, um neu zu navigieren, wechselt direkt vor mir ein Reh die Straßenseite. Verrückt. Kurz darauf kommt noch ein zweites. Mitten in der Stadt! Das Foto ist leider Mist.
Um Viertel vor acht komme ich am Hotel an, der Schlüssel liegt im Safe. Schnell duschen, ab zum Essen. Hoffentlich gibt’s noch was. Wow, Swinemünde ist die erste Stadt auf der Tour, in der ich schon mal war, aber sie ist kaum wiederzuerkennen. Da hat sich mal einiges getan!
Am Ende des Tages überlege ich, wie und ob es überhaupt weitergehen soll. Die Wettervorhersage für die nächsten Tage ist extrem bescheiden und feste Unterkünfte sind in Deutschland nicht in meinem Budget eingeplant, die sind einfach zu teuer. Warten wir’s ab, vielleicht habe ich ja doch noch etwas Glück. Das sollen nicht meine letzten 98 km gewesen sein!
Gesamtanstieg: 483 m
Gesamtzeit: 09:16:36
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